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Die Kunst, den Klimawandel zu regieren | 131
Exemplarisch für ein Zusammendenken von Rationalitäten und Technologien des
Regierens ist zudem ein früher Artikel von Bulkeley (2006), in dem sie passender-
weise die Rolle von Best Practices für städtische Nachhaltigkeitspolitiken untersucht
und feststellt, dass Best Practices gleichzeitig zu einer politischen Rationalität über
eine angemessene, lokale Zukunft werden und zu einer Regierungstechnologie, durch
die Umweltprobleme regierbar gemacht werden. Bulkeley schreibt Best Practices
eine Doppelfunktion zu: Einerseits setzen sie Normen, Standards und Kriterien. An-
dererseits sollen sie Wissenstransfer, Lernen und Handlung befördern. Ein solches
Vorgehen und der thematische Fokus auf Best Practices machen Bulkeleys Ausfüh-
rungen richtungsweisend für die vorliegende Arbeit. Allerdings stimme ich nicht mit
ihr darin überein, Best Practices sowohl als Rationalität als auch als Technologie zu
verstehen. Ich bin der Ansicht, dass es sich bei Best Practices um eine Regierungs-
technik handelt, die im Rahmen bestimmter politischer Programme als besonders ge-
eignet angesehen wird, Klimawandel in Kommunen effizienter managen zu können.
Meine Überlegungen setzen dennoch genau hier an: Mit der vorliegenden Arbeit
möchte ich programmatische Rationalitäten und Technologien konsequenter zusam-
mendenken, indem ich die Gründe für die ausgeprägte Nutzung und Verbreitung von
Best Climate Practices im Licht einer kommunenspezifischen Re-Problematisierung
von Klimawandel untersuche, um herauszuarbeiten, wie das Risiko Klimawandel in
Kommunen durch die Herstellung, Nutzung und Verbreitung guter Praxisbeispiele
erkannt, konstruiert und schlussendlich regiert und damit als sozio-politisches Hand-
lungsfeld definiert wird. Politik- und Wissenstransfer als Regierungstechnologie in
Form von Best Climate Practices ist daher als tief verwoben mit den politischen Ra-
tionalitäten des Politikproblems Klimawandel und den akzeptierten Lösungsoptio-
nen, mithilfe derer es angegangen werden soll, zu verstehen. Die Frage ist also, wie
Best Practices innerhalb des Praxisregimes „kommunaler Klimaschutz“ konstruiert
und praktiziert werden, sowie welche Konsequenzen sich daraus für die Regierung
von Klimawandel ergeben. In diesem Zusammenhang sind zum einen die spezifi-
schen Rationalitäten der Definition des Politikproblems „Klimawandel“ und die da-
mit einhergehenden Politikziele und zum anderen die spezifischen Technologien der
Regierungsführung, durch welche diese Ziele in konkrete Maßnahmen an verschie-
denen Orten übersetzt werden, von besonderem Interesse (Bulkeley 2006: 1034).
Es ist demnach nicht nur von wissenschaftlicher, sondern auch von besonderer
gesellschafts-politischer Relevanz, zu zeigen, wie Umwelt und Klima in krisenhaften
Zeiten als Politikproblem konstruiert werden; wie Wissen über sie generiert wird;
wer dazu auserkoren wird, sie zu retten, und welche Lösungsansätze und Schutzmaß-
nahmen als geeignet angesehen werden. So kann ein vertieftes Verständnis darüber
erlangt werden, wie Klima-Wahrheiten erschaffen und regiert werden, was eingefah-
rene Denk- und Handlungsweisen hinterfragbar und gegebenenfalls erneuerbar
macht. Das Analyseinstrumentarium eines Gouvernementalitätsansatzes bietet, wie
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315