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134 | Kommunen im Klimawandel
Blick nehmen. So soll einer Verwechslung von Regierungsrationalitäten und ihren
Machteffekten vorgebeugt werden, um Fehleinschätzungen ihrer sozial-räumlichen
Wirkung zu vermeiden.
Das Analysetool des Praxisregimes ist für ein solches Vorhaben besonders geeig-
net, weil es sich zum einen aus routinierten und ritualisierten Praktiken, die sich an
bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten institutionalisieren, und zum anderen
aus Rationalitäten, die als diskursive Felder die am besten geeigneten Handlungswei-
sen für verschiedene Sektoren der Gesellschaft definieren, zusammensetzt. Andere
Autoren haben versucht, die Ebene der Praktiken mithilfe des Foucault’schen Dispo-
sitiv-Begriffs gezielter in den Blick zu nehmen (z.B. Bührmann und Schneider 2008;
Braun 2014; Methmann 2014). Dabei werden Praktiken jedoch häufig als nicht-dis-
kursiv konzeptualisiert und so eine starke Trennung zwischen Praxis und Diskurs
vorgenommen. Doch auch bei Sprache handelt es sich um eine Praktik, einen soge-
nannten Sprechakt (vgl. Kapitel #Zur Performativität von Best Practices), und auch
Texte sowie Dokumente sind das Ergebnis von Praktiken. Der Begriff des Praxisre-
gimes erscheint mir daher geeigneter, um zu verdeutlichen, dass Handeln und Spre-
chen nicht zu trennen sind. Durch den Untersuchungsgegenstand „Best Practice“
wird besonders deutlich, dass eine dichotome Gegenüberstellung von Diskursen auf
der einen und Praktiken auf der anderen Seite nicht zielführend ist. Reckwitz (2002:
259) fasst Ziel und Erkenntnisinteresse einer Praxisforschung treffend wie folgt zu-
sammen:
„In fact, it seems that practice theory revises the hyperrational and intellectualized picture of
human agency and the social offered by classical and highmodern social theories. Practice the-
ory ‚decentres‘ mind, texts and conversation. Simultaneously, it shifts bodily movements,
things, practical knowledge and routine to the centre of its vocabulary.“
Ziel meiner Analyse des Praxisregimes „kommunaler Klimaschutz“ ist es, „das, was
praktisch geschieht, möglichst angemessen beschreiben und analysieren zu können“
(Hillebrandt 2014: 7). Mein Hauptinteresse gilt hier jedoch nicht den Alltagsprakti-
ken, sondern dem kommunalen Klimaschutz als Organisations- bzw. Regierungs-
form, die jedoch als Konstellation von Praktiken verstanden werden soll (Schatzki
2016). Im Rahmen dieser Arbeit soll so durch eine stärker praxiszentrierte gouverne-
mentale Perspektive auf das Politikfeld „kommunaler Klimaschutz“ „empirisch
sichtbar gemacht werden, wie soziale Ordnungen im praktischen Zusammenspiel von
Körpern, Dingen und Artefakten erzeugt, aufrechterhalten und verändert werden“
(Alkemeyer und Buschmann 2016: 116). Sinn und Ziel der Analyse eines spezifi-
schen Praxisregimes ist schließlich (1) herauszufinden, wie dieses Regime entstanden
ist, (2) die verschiedenen Elemente zu untersuchen, aus denen es besteht, und (3) den
verschiedenen Prozessen und Beziehungen zu folgen, durch die diese Elemente zu
relativ stabilen Organisationsformen zusammengefasst werden. Wie bereits erwähnt,
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315