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154 | Kommunen im Klimawandel
Nachhaltigkeit. Das Ausmaß dieser Transformation stehe der neolithischen und in-
dustriellen Revolution – den fundamentalen Transformationen unserer Weltge-
schichte – in nichts nach.
Im Zuge dessen entwickelte sich auch eine neue Forschungsrichtung – die
Sustainability Transition Studies –, die sich mit transformativem Wandel von Pro-
duktion, Konsum, Verhalten und Stadtentwicklung und deren strategischer Steuerung
befasst. Ursprünglich konzentrierte sich diese Forschung auf die Analyse historischer
Transformationen einzelner Technologien in spezifischen nationalstaatlichen Kon-
texten (Geels 2006a, 2006b, 2007, 2009; Verbong und Geels 2007; Verbong et al.
2008; Raven und Geels 2010; Berkers und Geels 2011; Turnheim und Geels 2012).
Die Analyse von Transformationen bspw. des niederländischen Biogassektors (Geels
und Raven 2006), der Wandel in der Abwasserentsorgung weg von Klärgruben hin
zur Kanalisation (Geels 2006b) oder strukturelle Veränderungen in der britischen
Kohleindustrie (Turnheim und Geels 2013) erfolgten dabei meist mithilfe der soge-
nannten „Multi-Level-Perspektive“ (MLP) (Geels 2005). Diese wurde Anfang der
2000er von dem niederländischen Transformations-Forscher Frank Geels (2002) ent-
wickelt und versteht sozio-technischen Wandel als evolutionäre Rekonfigurations-
prozesse in komplexen Systemen, die sich auf drei Ebenen abspielen: (1) der Land-
schaftsebene (Landscape-Level), die übergeordnete gesellschaftliche oder natürliche
Entwicklungen abbildet wie z.B. Urbanisierung, Klimawandel oder Globalisierung.
Dabei handelt es sich um sehr langfristige und stabile Entwicklungen, die sich durch
(plötzliche) Ereignisse (z.B. Katastrophen) aber auch verändern können. (2) Die Re-
gimeebene (Regime-Level) repräsentiert die vorherrschenden und relativ stabilen so-
zioökonomischen, -technischen und -politischen Strukturen eines gesellschaftlichen
Systems, die sich verändert haben (historische Analyse) oder verändert werden sollen
(durch ein „Transition Management“). Ein Beispiel für ein Regime ist das Mobili-
tätssystem einer Stadt oder Region inklusive seiner Infrastruktur (Straßen- und We-
genetz, ÖPNV-Angebot etc.), den dominanten Technologien (Auto, Bus, Bahn etc.),
politischen Anreizen und Interventionen (Parkgebührensystem, City-Maut, Umwelt-
plaketten etc.) und den kulturellen Einstellungen der Bevölkerung (z.B. der Stellen-
wert individueller Mobilität). Zwar sind Regime relativ stabil, doch sowohl Entwick-
lungen auf der Landschaftsebene als auch Entwicklungen auf der dritten (3) Ebene
der Nischeninnovationen können zum Entstehen von sogenannten „Windows of Op-
portunities“ führen, die das dominante Regime destabilisieren und so zu systemi-
schem Wandel führen können. Auf der Nischenebene agieren sogenannte „Change
Agents“ oder Pioniere, die in geschützten Räumen Innovationen erarbeiten und in
kleinem Rahmen austesten. Erfolgreiche Experimente können sich etablieren und
schließlich zur Neukonfiguration des Regimes führen (Abbildung 12).
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315