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Best Climate Practices | 209
geringer Rohstoff- und Energieverbrauch – durch Konsumverzicht oder Entschleu-
nigung Thema, noch innovative rechtliche bzw. gesetzliche Maßnahmen oder neue
Finanzierungsmechanismen. Eine Ausnahme bildet das C40-Netzwerk, das insbe-
sondere im Themenbereich Klimafinanzierung sehr aktiv ist und einige Best Practice-
Beispiele zu innovativen Finanzierungslösungen publiziert. Ansonsten wird aber vor
allem solches Praxiswissen in Best Practices verbreitet, das den Logiken des Klima-
schutzmanagements entspricht. Exemplarisch dafür steht die Tatsache, dass nur etwa
35 Prozent der von mir analysierten Beispiele abgeschlossene Einzelmaßnahmen dar-
stellen, die eigentlich leichter zu übertragen sein sollten als ganze Strategien oder
Programme. Es wäre zu erwarten gewesen, dass diese Einzelmaßnahmen in Best
Practice-Beispielen stärker kommuniziert werden.
Etwa 20 Prozent der Best Practice-Beispiele beschreiben dagegen konkret den
Erstellungsprozess von Klimaschutzkonzepten oder die Einführung eines Klima-
schutzmanagements. Diese Prozesse sind sehr individuell und kontextspezifisch, da-
her sind sie nur schwer übertragbar. Herausgeber dieser Art von Best Practice-Bei-
spielen ist hauptsächlich das SK:KK, das im Auftrag des BMUB Kommunen dazu
motivieren soll, im Klimaschutz aktiv zu werden. Die Best Practices zu Klimaschutz-
konzepten sollen zum einen die Vorteile eines durch den Bund geförderten kommu-
nalen Klimaschutzes kommunizieren sowie zum anderen ein Bild davon vermitteln,
wie erfolgreicher kommunaler Klimaschutz aussieht: Nämlich ein systematisches
Klimaschutzmanagement, das auf einer Analyse des Status quo, messbaren Zielen
und konkreten Maßnahmen beruht. Die Best Practices dienen also nicht unbedingt
dazu, ein Klimaschutzkonzept zu kopieren, sondern es geht darum, das Klimaschutz-
management an sich als Best Practice zu vermitteln; also zu zeigen, wie guter kom-
munaler Klimaschutz aussehen soll.
In Bezug auf die Darstellungsweise ergab die Durchsicht der Praxisbeispiele
ebenfalls einige überraschende Erkenntnisse. In Anbetracht dessen, dass Messbarkeit
(von THG-Einsparungen, des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, der Energieeinsparun-
gen etc.) in der Klimapolitik im Allgemeinen und im Klimaschutzmanagement im
Speziellen eine herausragende Bedeutung hat, fällt auf, dass 55 Prozent der Best
Practice-Beschreibungen sich kaum auf Zahlen, Daten und Fakten beziehen und die-
ser quantitative Aspekt eher eine untergeordnete Rolle in der Darstellung spielt. Dies
mag damit zusammenhängen, dass etwa 40 Prozent der Schilderungen extrem vage
bleiben, da ihr Textumfang weniger als eine DIN-A4-Seite beträgt. Interessant ist
auch, dass im Vergleich zur starken Betonung der Übertragbarkeit und des Nachah-
mungspotenzials in den politischen Förderprogrammen dieser Aspekt in den Best
Practice-Beispielen selbst kaum thematisiert wird; nur rund 20 Prozent der Beispiele
sprechen einen möglichen Maßnahmentransfer bzw. die Möglichkeit der Kopie und
Anpassung an. Hier zeigt sich erneut, dass Best Practices weniger als praktisch ab-
zuarbeitende und kopierbare Blaupausen fungieren (sollen), sondern dazu dienen, be-
stimmte Vorstellungen eines optimalen kommunalen Klimaschutzes zu verbreiten.
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315