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Best Climate Practices | 213
Das heißt, Möglichkeitsfenster müssen bedient werden und eine gewisse Flexibilität
muss stets gewährleistet sein. Hierbei kommen wieder die Best Practice-Beispiele ins
Spiel, da man auch nach der Konzepterstellung weiter in der Lage sein muss, schnell
auf sich ändernde Rahmenbedingungen, neue thematische Schwerpunkte oder politi-
sche Veränderungen zu reagieren. Während des regionalen Klimagipfels in Rheine
2015 z.B. erläuterte mir eine Klimaschutzmanagerin ihr Vorgehen folgendermaßen:
„Wenn jetzt ein neues Thema auf die Agenda kommt, z.B. grüne IT, und wir ent-
scheiden uns in dem Bereich tätig zu werden, dann schaue ich mir schon zuerst die
Datenbanken und Broschüren durch, was es da in anderen Kommunen schon gibt.
Man guckt sich eben was voneinander ab.“ (F-150312-Rheine) Und eine Klima-
schutzbeauftragte erklärt:
„Ich habe es in einem anderen Projekt erlebt, wir wollten eigentlich für einen Ortsteil ein Nah-
wärmenetz mit Biomassekraftwerk im Ort errichten […]. Da kam dann ein Landwirt [zu der
Veranstaltung]: ‚Ich baue eine Biogasanlage! Wäre das nicht was, die Wärme mit im Ort un-
terzubringen?‘ Und da hat sich dann plötzlich ein großes Projekt [ergeben]. Auf einer anderen
Veranstaltung habe ich dann einen Ansprechpartner und Beispielprojekte gefunden und über
das Internet noch weiter recherchiert. So habe ich mir die Referenten für Bürgerinformations-
veranstaltungen rausgesucht. Da sind die Best Practice-Beispiele super, auch, um dann Infor-
mationen an die Bürger weiterzugeben. Dann können die Akteure nämlich direkt erzählen:
‚Wie war es denn?‘ Und das glauben die Leute einem eher, als wenn von der Verwaltung einer
kommt und theoretisch was erzählt.“ (IK-11, 2016: 32)
Unabhängig von der Bedeutung von Best Practices für die flexible Reaktion auf un-
vorhergesehene Veränderungen kann es auch Raum im „Alltagsgeschäft“ für neue
Ideen abseits vorgefertigter Maßnahmenlisten geben. Auch dann werden Best Prac-
tices gezielt genutzt, um die eigenen Ideen abzugleichen mit bereits Vorhandenem,
wie man mir bei weiteren Gesprächen erklärte:
„Da habe ich gedacht: ‚Wir haben im Landkreis kein eigenes Bioenergiedorf, obwohl wir da
eigentlich ziemlich viele Kandidaten hätten.‘ Und dann denke ich manchmal auch so: ‚Och,
was machen wir denn jetzt als nächstes? Ah, das ist ja interessant! Komm, das machst du jetzt!‘
Also dann gehst du mal hin und fragst: ‚Warum haben wir sowas nicht und können das nicht
machen?‘ Und da denke ich dann auch: ‚Ja, da gibt es doch so einen Goldstandard‘, und dann
gucke ich mir das Buch an und dann fahren wir mal alle nach Jühnde [Bioenergiedorf in Nie-
dersachsen bei Göttingen] und schauen, wie weit die da jetzt sind und wie so die Normen sind,
wie man sowas am besten macht.“ (IK-3, 2015: 31)
„Wenn ich eine Idee habe, […] dann gehe ich aktiv auf die Suche [nach Beispielen]: Was gibt
es da schon? Passt das zu uns, was die Stadt Hannover z.B. dazu gemacht hat? Es kann aber
auch sein, dass die Idee zu mir kommt: Wir treffen uns zu einem Thema, meinetwegen mit den
Masterplankommunen, oder mit anderen Arbeitsgruppen, und dann werden Dinge vorgestellt
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315