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250 | Kommunen im Klimawandel
wurden, initiiert bzw. beschleunigt werden kann (vgl. Kapitel #Klima\Wandel ist re-
gierbar). Obwohl weiterhin unklar ist, wie „transformativ“ Best Practices tatsächlich
wirken, sind die an sie gestellten Erwartungen sehr hoch:
„[I]t is something that can help drive down the costs and help some cities to skip the long kind
of history of development that European cities have passed through: Shenzhen, […] which is a
big city in the south of China, is a good example. Instead of passing through the history of
development […] they are adapting the good practices from all over the world […]; they are
leading on clean energy vehicles for example, […] they are aiming to have all their buses and
taxis transformed to renewables by next year.“ (IN-6, 2016: 37)
Das vorhergehende Kapitel hat gezeigt, dass die Technologien, Methoden, Prozesse
und Verfahren, welche als Best Practice-Beispiele verbreitet werden, meist weniger
innovativ, alternativ und transformativ sind, als man erwarten könnte: Die Erstellung
eines Klimaschutzkonzeptes, die Umrüstung auf LED-Beleuchtung, die Sanierung
auf Passivhausstandard oder die Einrichtung von Klima-Werkstätten zur Bürgerpar-
tizipation sind keine wirklich umwälzenden Maßnahmen. Obwohl die TM-Logik da-
von ausgeht, dass gesellschaftlicher Wandel insbesondere durch innovative, experi-
mentelle Pilotprojekte angeregt wird, repräsentieren Best Practices in der Regie-
rungspraxis doch vielmehr aktuelle Standards und sind nicht wirklich „revolutionär“
(Radaelli 2004; Veselý 2011).
„In dem Fall des Wettbewerbs ‚Klimaaktive Kommune’ wählt z.B. das BMUB gemeinsam mit
dem DIFU die Gewinner aus. Und es ist unwahrscheinlich, dass eine aktivistische ‚gute Praxis‘
da jemals gewinnen wird: ‚Da haben wir mal einen Protest gemacht gegen die Autoindustrie,
das war super!‘ Glaube ich nicht. Also es muss schon systemkonform sein.“ (IB-1, 2015: 134)
Insbesondere die Erkenntnisse bezüglich der Best Practice-Produktion und der -In-
halte haben verdeutlicht, dass Best Practice-Beispiele kaum zu einer signifikanten
Erneuerung von Prozessen und Technologien oder strukturellem Wandel beitragen.
Nicht die innovativsten, radikalsten Ideen bzw. die Maßnahmen mit dem größten
THG-Minderungspotenzial werden als Best Practices ausgewählt und verbreitet, son-
dern die, die am öffentlichkeitswirksamsten sind, die sich am besten kommunizieren
lassen, die am einfachsten umzusetzen sind, zu denen am meisten Daten vorliegen,
die am günstigsten zu implementieren sind oder die andere individuelle Kriterien er-
füllen (vgl. Kapitel #„Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“?!).
„Es gibt gewisse Standards und die Best Practice-Beispiele werden danach ausgewählt, wie
nah sie an diesen Standard rankommen. […] Best Practice-Beispiele sind nicht so stark, dass
sie diese Standards beeinflussen können. Es ist eher so, dass man versucht, mit seinen guten
Beispielen möglichst nah an diesen Standard ranzukommen. […] Daher bin ich nicht davon
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315