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Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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nun die Schulungszentren der NSDAP, wo in der Atmosphäre eines modernisierten » germanischen « Mittelalters dem neuen, rassisch vermeintlich überlegenen Rittergeschlecht die Politik der Menschenverachtung gelehrt wurde.189 Wie beim » Banner­ träger « Lanzingers werden auch hier fatale Kontinuitäten sicht­ bar : Der Mythos vom » deutschen « Mittelalter, vom » deutschen « Ritter und den » deutschen « Burgen entstand im 19. Jahrhundert nicht zuletzt auch als – schon damals oft nationalistisch gefärb­ tes – Narrativ einer um historische Rückversicherung besorgten Gesellschaft. Nach den Erschütterungen des Ersten Weltkriegs und verstärkt durch die Erfahrungen der Weltwirtschafts­ krise waren hier denkbar günstige Voraussetzungen für eine Vereinnahmung durch totalitäre Ideologien gegeben. Die völ­ kisch­ rassistische Interpretation von Burg und Ritter durch die Nationalsozialisten hat Vorläufer im Nationalismus des späten Deutschen Kaiserreichs und geht letztlich » bis in die Frühzeit der romantischen und nationalen Bewegung zurück «.190 Es ist daher auch nur konsequent, wenn Burgenforscher wie Bodo Ebhardt nach 1933 den neuen Machthabern zu Diensten wa­ ren – für die » Rekonstruktion « der Burg Trifels und ihren groß­ zügigen Ausbau zu einer » nationalen Weihestätte « des » Drit­ ten Reiches « legte Ebhardt 1938 detaillierte Pläne vor, die er mit denkmalpflegerischen Argumenten zu legitimieren versuchte.191 Zwischen 1939 und 1966 wurde Trifels, das als Aufbewahrungsort der Reichskleinodien für die Nationalsozialisten große symboli­ sche Bedeutung hatte, durch Rudolf Esterer ( 1879 – 1965 ) weitge­ hend neu errichtet.192 Dass die große Zeit der Burgen dabei bereits lange vor ihrer vorerst letzten umfassenden Wiederbelebung und Neudeutung durch die Nationalsozialisten vorbei und das Thema historisch » erledigt « war, hatte Alois Riegl schon um 1900 festgestellt. Im Rahmen ei­ ner umfassenden Kritik des Denkmalbegriffs Georg Dehios und der kulturgeschichtlich determinierten Restaurierungspraxis Bodo Ebhardts kam er 1905 zu einem Schluss, der es in diesem Kontext verdient, in extenso zitiert zu werden – auch aus dem Grund, weil Riegl dabei nicht nur die Burgenbauten Ebhardts, son­ dern womöglich implizit auch die neu erbaute Burg des auch in denkmalpflegerischen Belangen einflussreichen Grafen Wilczek im Visier hatte, den offen zu beleidigen der Generalkonservator der k. k. Zentralkommission wohl nie gewagt hätte. Den moder­ nen Burgenbau nämlich entlarvt Riegl – äußerst hellsichtig und nicht ohne Ironie – als eine hoffnungslos veraltete Übung, die von der gesellschaftlichen Wirklichkeit der Gegenwart längst einge­ holt worden sei : 63Die Burg am Ende
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Kreuzenstein Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kreuzenstein
Untertitel
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Autor
Andreas Nierhaus
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79557-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
258

Inhaltsverzeichnis

  1. Zerlegung einer Zeitmaschine 9
  2. 1 Mittelalterbilder 21
    1. Ritter – Burg 24
    2. Modernisierungen 41
    3. Die Burg im Garten 43
    4. Die Burg als Monument 48
    5. Die Burg als Zeitvertreib 56
    6. Die Burg am Ende 62
  3. 2 Eine moderne Burg 65
    1. Der Sammler 67
    2. Bauherr und Bauhütte 78
    3. Wiederaufbau 86
    4. Außenansichten 111
    5. Interieurs 129
    6. Der imaginäre Bewohner 166
    7. Frühe Besucher 171
  4. 3 Herrschaft der Dinge 173
    1. Fragmentierung und Rekonstruktion 175
    2. Objet ancien und Objet trouvé 177
    3. Alter und Authentizität 180
    4. Zerstreuung und Sammlung 183
    5. Moderne Spolien 187
  5. 4 Mediale Korrespondenzen 195
    1. Fotografie 197
    2. Heterotopie, Themenpark 201
    3. Tableau vivant, Panorama, Historienbild 205
    4. Film 211
    5. Zusammenfassung 220
    6. Anmerkungen 224
    7. Literatur 238
    8. Abbildungsnachweis 248
    9. Register 249
    10. Dank 256
    11. Inhalt
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