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Mobilisierung und Krieg 048
ten »Abfertigungen« des Generalstabs – sowie für die Quartiervorbereitung des Stabes
zuständig. Gleichzeitig war er auch in der Aufklärung eingesetzt.
Rolf und seine Einheit waren an etlichen größeren Schlachten in Galizien beteiligt, die
unter jenen Ortsnamen in die Geschichte eingegangen sind, welche den Brennpunkt der
Kampfhandlungen darstellten. Wenn von Rolfs Division die Rede ist, ist also zu beden-
ken, dass die von Rolf geschilderten Truppenbewegungen und Waffengänge nur einen
Bruchteil der in größerem Umkreis verlaufenden Kämpfe darstellten. Er berichtet daher
oftmals von Gefechten bei Orten, die weitgehend unbekannt geblieben und kaum auf
einer Karte auffindbar sind, wiewohl die Verbände, denen er angehörte, immer wieder
in dramatische und militärstrategisch bedeutsame Kampfhandlungen eingebunden wa-
ren, wie sich im Folgenden zeigen wird.
Die Schlacht von Lemberg
Die erste große Bewährungsprobe für die österreichisch-ungarische Armee an der Ost-
front war die Schlacht von Lemberg, die zwischen dem 26. August und 11. September
1914 tobte und die die ersten dramatischen Verluste für die Habsburgerarmee mit sich
brachte. Das heute in der Westukraine gelegene Lemberg, das damals eine der größten
Garnisonstädte der Donaumonarchie darstellte, bildete in den strategischen Planungen
des habsburgischen Militärs gemeinsam mit der Festungsstadt Przemyśl den Eckpfei-
ler der Verteidigungslinie gegen einen russischen Angriff. Beiden Städte waren die von
Nordwest nach Südost verlaufenden Karpaten vorgelagert, welche die ungarische Tief-
ebene nach Nordosten hin als natürliche Grenze absicherten.
Rolfs Einheit wurde zunächst Richtung Norden, an Lemberg vorbei, zur russischen
Grenze in Marsch gesetzt. In Mosti Wielki wurde eine Rast eingelegt, da die Ergebnis-
se der »Rekognoszierungs-Patrouille« abgewartet werden mussten, die erkunden sollte,
ob die Straßen mit den Haubitzen befahrbar waren. Zum ersten Mal wird Rolf mit den
Auswirkungen der Kämpfe, die bereits rundum im Gange waren, konfrontiert, wie er in
einer Tagebucheintragung berichtet:
28. Aug. Während die Division auf der Straße steht warten der Stab und die übrigen Of-
fiziere in einer verlassenen Villa auf dem Boden und den Sesseln schlafend das Ergeb-
nis der Rekognoszierung ab. Gegen Mitternacht geht die Lampe aus, wir laufen über-
all nach Petroleum, schließlich sehe ich in einem Haus Licht und trete ein in ein Zimmer,
ein Herr in Hemdärmeln vor mir ist ein Arzt; am Boden liegen auf etwas Stroh 7 Schwer-
verletzte. Ein Mann mit 3 Schüßen, einer mit einem Herzschuß in den letzten Zügen. Ein
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273