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den folgenden Jahren häufig diesen Platz, wo er es zu einer beträchtlichen Fertigkeit
auch im Tanz und Figurenlauf brachte.
Insbesondere der »Tientsin Rowing Club«
wurde jedoch Rolfs Stammklub, bei dem er in
den 1930er-Jahren auch die Funktion des Präsi-
denten innehatte. (Abb. 111) Hier konnte er end-
lich wieder seinen geliebten Rudersport be-
treiben und sofort auch mit seiner Mannschaft
Erfolge ernten. In einem Brief an seine Schwester,
der wahrscheinlich vom November 1925 stammt,
schreibt Rolf: »Da ich meinen Bauch immer be-
denklicher zunehmen sah habe ich im Frühjahr
das Rudern wieder begonnen. Es ist hier ein in-
ternationaler hauptsächlich aber englischer Club,
in dem heuer die Deutschen zum erstenmal seit dem Krieg wieder eintraten. [ … ] Im
Herbst ruderte ich die Regatta im Achter mit, und unser Deutscher Achter schlug die
englische Mannschaft.« Auch in den 1930er-Jahren wird in der Tageszeitung »Deutsch-
chinesische Nachrichten« mehrmals von dem Erfolg der deutschen Mannschaft bei den
diversen Regatten berichtet und Rolf als Beteiligter genannt.
In den Sommermonaten kam in Tientsin aufgrund der großen Hitze das gesellschaft-
liche Leben vollständig zum Erliegen. Während die Männer zumeist an ihren Arbeitsplät-
zen in der Stadt ausharrten, verbrachten die Frauen und Kinder, die drei Monate Schul-
ferien hatten, die Sommermonate üblicherweise in einer der Villen in Peitaiho, wo das
Meer und ein schöner Sandstrand den Aufenthalt angenehm machten. Überdies hat-
ten insbesondere für Kinder Eselsritte auf die nahe gelegenen Berge einen großen Reiz.
Auch Hermine hielt sich beinahe jeden Sommer in diesem Badeort auf, und nachdem
Rolf anders als ursprünglich geplant die 1932 errichtete Villa doch nicht verkaufte, ver-
lebte die Familie schöne Zeiten im eigenen Haus in der Nähe des Strandes. Aus berufli-
chen Gründen verbrachte Rolf allerdings zumeist nur wenige Tage in Peitaiho.
Wir leben recht abgeschlossen für uns
Da Rolf und Hermine den Kontakt mit den anderen Zuwanderern weitgehend ablehn-
ten bzw. größtmöglich einschränkten und auch keine Familienmitglieder einen vertrau-
ten Umgang boten, waren die beiden wohl sehr auf gegenseitigen Rückhalt angewie-
sen, um sich in der Fremde einigermaßen heimisch zu fühlen. Das Ehepaar war knapp
111 Rolf Geyling, Präsident des
Ruderklubs, hält eine Ansprache
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273