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Bemerkenswert ist auch die Innenausstattung, die zum Teil noch erhalten ist. An den
Wänden zeigt sich wieder Rolfs Vorliebe, Felder mit Zierleisten einzufassen. Das gleiche
Ziel verfolgte er bei den Füßen der Tische und Polstermöbel, indem er dort die Kanten
mit gehämmerten Metallbändern einfasste. Ebenso wie mit dem stilisierten Blumen-
muster der Möbelstoffe erwies er sich mit dieser Gestaltungsweise ganz auf der Höhe
der Zeit. (
Farbabb. 8 )
Rolf entwarf nicht nur die Möbel sowie die entsprechenden Möbelstoffe, sondern
im Sinne des damals viel diskutierten »Gesamtkunstwerks« auch sämtliche Einrichtungs-
und Ausstattungsgegenstände wie Lampen, Tapeten etc. bis hin zu den Türschnallen.
( Farbabb. 9 ) Zumeist griff er einfache Jugendstilelemente auf, doch weisen im Vorzim-
mer markante, orthogonale Schwarz-Weiß-Strukturierungen ähnlich wie bei der Pilsner
Brauerei direkt auf den Einfluss Josef Hoffmanns hin. (
Farbabb. 10 )
Insgesamt hat Rolf das Klubhaus mit besonderer Liebe zum Detail ausgestaltet –
wohl schon in Vorfreude, als Mitglied die Räume des Klubs auch selbst nutzen zu kön-
nen, und nicht ahnend, dass er das Haus erst Jahre später und nur mehr als Besucher
betreten werde. Denn die vielversprechend begonnene Karriere des jungen Architek-
ten sollte mit diesen Arbeiten in Wien zu Ende gehen, indem er die Herausforderung zu
neuen Aufgaben annahm und einen ersten Schritt in die Fremde wagte.
Mädy
In dieser mit Arbeit und Sport außerordentlich ausgefüllten Zeit trat Rolfs spätere Frau,
Hermine Schmidts, genannt Mädy, in sein Leben. Hermine Schmidts’ Eltern, Franz und
Rosi Schmidts, lebten ursprünglich in Kronstadt in Siebenbürgen, das damals zur österrei-
chisch-ungarischen Monarchie gehörte und erst nach dem Ersten Weltkrieg Rumänien zu-
geschlagen wurde. Nachdem Franz Schmidts vergeblich versuchte, in Kronstadt beruflich
Fuß zu fassen, folgte er der Einladung seines Schwagers Johann, in dessen Baubüro in Bu-
karest einzutreten. Bereits einige Jahre später eröffnete er ein eigenes Architekturbüro und
war damit so erfolgreich, dass er in Folge auch eine Fabrik für Ziegelerzeugung gründete.
Franz und Rosi Schmidts hatten vier Kinder: die Söhne Maximilian, Louis und Ernst
sowie eine Tochter namens Hermine, die aufgrund ihrer Sonderstellung unter den drei
Brüdern den Beinamen »Mädy« erhielt, der sie ihr ganzes Leben lang begleiten sollte.
Hermine wurde am 26. Dezember 1887 in Bukarest geboren und entwickelte sich zu
einem sehr lebhaften Kind, das von seiner Mutter treffend »Feuerball« genannt wurde.
Nachdem die Mutter im Alter von 38 Jahren an einer Lungenentzündung gestorben war,
wurde Hermine zu einer Tante nach Kronstadt gebracht, da ihre Großmutter, die der Fa-
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273