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48 | Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten
dem beginnenden 19. Jahrhundert Möglichkeiten zur weiteren Anhebung der gestal-
terischen und handwerklichen Qualität der produzierten Möbel. In Verbindung mit
der nun einsetzenden und rasch fortschreitenden Industrialisierung, mit der Befreiung
der Handwerker vom strengen Zunftzwang und ihrer gleichzeitigen Entfremdung
von Kunden und Produkten traten freilich bis dahin unbekannte Schwierigkeiten, aber
auch unvorhergesehene Chancen hinzu, die breite und kontrovers geführte Diskussi-
onen zur Folge hatten. Sie betrafen die neuen produktionstechnischen und formal-
ästhetischen Möglichkeiten ebenso wie die gesellschaftlichen Umwälzungen und er-
schreckenden sozialen Missstände, unter denen viele Handwerker (nicht erst) seit dem
Ende des ancien régime darbten.71
Zu den verwendeten Materialien
Wie Mario Praz etwas verallgemeinernd feststellte, gilt das 17. Jahrhundert als die
Epoche des Mobiliars aus Eichenholz.72 Allerdings wurde an österreichischen Mö-
beln damals neben Eiche besonders Nussbaum sowie Eschemaser verarbeitet, später
Eiche in Verbindung mit Nussholz und Pappelmaser.73 Noch bis in die 1720er- oder
1730er-Jahre hinein fand sich am Mobiliar unseres Kunstraums das Eichenholz, doch
überwogen nun an konstruktiven Teilen Furniere aus gestreiftem oder geriegeltem
Nussbaum, an Füllungen Furniere aus Nussbaumwurzelholz und Pappelmaser. Mas-
sivholzmöbel waren jetzt weniger gefragt, furnierte Arbeiten die gesuchteren, da Fur-
niere zu einer dekorativen Oberflächengestaltung wie geschaffen waren. Außerdem
konnten durch die Verwendung einer wohlfeilen Holzart für die Unterkonstruktion
die Herstellungskosten der Möbel gesenkt werden. Etliche Beispiele im nachfolgen-
den Katalog belegen, dass im Osten Österreichs selbst kleinste Flächen an Säulen und
Pilastern in Bordüren und Binnenfelder unterteilt wurden. Bandeinlagen, die meist
dreiteilig waren und aus einer breiten mittleren Ader aus Zwetschke, Eibe, dunklem
Nuss- oder geschwärztem Buchenholz und zwei seitlichen hellen Ahornstreifen be-
standen, trennten Füllungen und Friese voneinander.
71 Ottillinger/Hanzl, Interieurs (1997), bes. 321–341 ; Blakesley, Arts (2006), 7. Als aufschlussreich, wenn
auch mit einem anderen zeitlichen Bezug, erweist sich ferner die Studie von Wolfgang Maderthaner und
Lutz Musner über ein Wien, das in der »hohen« Literatur aus der Zeit um 1900 keinen Niederschlag
findet. Maderthaner/Musner, Anarchie (2000).
72 Praz, Filosofia (1993), 104.
73 Müller, KirchenGeschmuck (1591), 18, nannte Pappeln auch »Alber- oder Sarbäume«. In einem auf 1701
datierten Vertrag zwischen dem Stift Melk und Franz Andreas Bogner wurde außerdem die Bezeich-
nung »Wasseralben« gewählt.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693