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1: Einleitung
Der Alpenraum blickte nach dem Zusammenbruch der Einheit des Römischen
Reiches Ende des 5. Jh. auf eine rund 500-jährige gemeinsame Geschichte zurück.
Die großen Täler der Alpen wiesen – aufgrund der geografischen Nähe zu Italien
– eine starke Romanisierung in vielen wichtigen Punkten auf : Sprache, Religion,
Rechtsgewohnheiten und soziale Strukturen waren ähnlich. Kaum 200 Jahre spä-
ter, im 8. Jh., zeigt sich ein viel heterogeneres Bild. Die alpinen Regionen orien-
tierten sich nun nicht mehr nach Süden, nach Italien, sondern in die karolingischen
Herrschaftsräume nach Norden und Westen und in den slawisch-awarischen Herr-
schaftsraum nach Osten. Die einst gemeinsame lateinische Sprache begann sich in
einzelne Dialekte aufzuspalten, die später eigene Sprachen werden sollten. In den
Alpen werden heute noch zwei Varianten des Französischen, Italienisch sowie Ru-
mantsch und Ladinisch gesprochen. In den zentralen Alpen konnte daneben die
deutsche Sprache Fuß fassen, die in späteren Jahrhunderten schließlich nördlich
und teilweise südlich des Alpenhauptkammes dominant wurde. Auch sie wird in
zwei sehr unterschiedlichen Dialektgruppen gesprochen, dem Alemannischen und
Bairischen. Der östliche Alpenrand machte in den ersten Jahrhunderten des frühen
Mittelalters überhaupt einen mehr oder weniger kompletten Sprachwechsel zu ei-
ner slawischen Mundart durch. Das daraus entstandene Slowenisch ist auch heute
noch die Sprache der südlichen Ostalpen. Die einzelnen Räume begannen sich
politisch umzuorientieren und zunächst in kleinere lokale Einheiten zu formieren.
Gleichzeitig weisen viele Strukturen in den gesamten Alpen eine kontinuier-
liche Entwicklung auf, beispielsweise die mehrstufige Wirtschaftsform, die das
Zusammenwirken der Landwirtschaft im Tal, den Mittelgebirgsterrassen und auf
den Almen oberhalb der Baumgrenze vorsah. Auch der Verkehr über die Alpen
dürfte in allen Regionen des frühmittelalterlichen Alpenraumes ähnlich organisiert
worden sein, wie auch die Verteidigung der Pässe und Grenzen von West bis Ost
verwandte Strukturen aufweisen. Die Entwicklung der Besiedlung, besonders die
der Städte, verläuft ebenfalls in den gesamten Alpen ähnlich, auch im Osten. Hier
wurde bislang vor allem die Eroberung der Slawen für den Abbruch der antiken
und spätantiken Siedlungstraditionen verantwortlich gemacht. Die Analyse hier
wird zeigen, dass solche Brüche lokal auch in den Westalpen erkennbar sind und
daher eher dem allgemeinen Strukturwandel des 6. und 7. Jh. zugewiesen werden
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361