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282 Menschen in den Alpen
in dem Weinwunder des heiligen Corbinian.632 Als der Fernhandel zurückging und
importierter Wein in der Folge teurer wurde, griffen die kirchlichen Einrichtungen
zunehmend auf lokale Weinsorten oder nahe gelegene Weingärten zurück. So ist
schon in den Breves notitiae ein Salzburger Weingarten an der Donau erwähnt.633
In der Steiermark wurde Wein im Raum Leoben angebaut, die erste Erwähnung
stammt aus dem Jahr 970.634 In den südlichen und zentralen Alpentälern wurde
schon seit römischer Zeit Wein produziert, aus den Quellen ist der rätische Wein
bekannt.635 Ab dem frühen Mittelalter versuchten daher die Klöster nördlich der
Alpen, ihren Besitz um Weingüter südlich der Alpen zu vermehren. 636
„Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge
Die Alpen umfassen auch heute noch weite Gebiete, die nur selten und wenn, dann
im Sommer von Menschen begangen werden. Dies sind die dichten Waldgebiete,
die es vor allem in den Ostalpen gibt, die marginalen Gebiete darüber zwischen
der Waldgrenze und der Schneegrenze, sowie die Sumpfgebiete der Täler. Doch
Menschen konnten all diese Räume nutzen. Die sumpfigen Talauen wurden schon
in römischer Zeit als Viehweiden gebraucht. Die jungen Triebe und das Laub der
Büsche und Laubbäume dienten als Winterfutter.637 In der sumpfigen Talebene
des Wallis konnten unter meterdicken Schlammschichten Spuren von römischer
Bewirtschaftung gefunden werden.638 Auch die slawische Landwirtschaft nutzte
die sumpfigen Niederungen, die mittels Brandrodung von der Vegetation befreit
wurden.639 Im frühen Mittelalter begegnen uns die Sümpfe der Alpentäler bei-
spielsweise in der Gründungsurkunde von Innichen, in der Sümpfe und Büsche
ausdrücklich als zum Besitz gehörend aufgelistet werden : „umecta seu frutecta
omnia“640, ein Zeichen für die Bedeutung dieses Landes.641
632 Arbeo von Freising, Vita Corbiniani c. 3 ed. Glaser/Brunhölzl 89.
633 BN 2.10 ed. Lošek 90.
634 Stmk. UB I 25 ; Baltl, Steiermark im Frühmittelalter 105 f.
635 Strabon IV 206 ; Plinius d. Ä. Nat. Hist. XIV 3, 41.
636 Z. B. Benediktbeuren in : Störmer, Fernstraße und Kloster 304.
637 Grass, Alm und Wein 25.
638 Wiblé (Hg.), Vallis Poenina 64 f.
639 Göckenjahn/Zimonyi (Hg.), Orientalische Berichte Ibn Rusta 80 ff.; Gardizi 178 ff.
640 Trad. Freis. ed. Bitterauf Nr. 34 S. 62.
641 Squatriti, Water and Society 73 ff. bemerkt für Italien, dass die in den frühmittelalterlichen Quellen
zunehmend fassbare Bedeutung von Sumpfland offenbar mit einem tatsächlichen Wandel in der
Nutzung zusammenhängt : Die antike Landwirtschaft versuchte, eine gewisse Distanz zum Feucht-
land zu halten, während die viel flexiblere mittelalterliche auch diese Räume erschloss.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361