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38 Naturraum Alpen
Buchen-Wald macht heute nur noch 10 % aus.65 Eine analoge Entwicklung kann in
den ganzen Zentral- und Ostalpen beobachtet werden, wo heute Fichtenmono-
kulturen dominieren und der ursprüngliche Tannen- und Buchenanteil des Waldes
auf nur wenige Prozente gesunken ist.66 Der alpine Bergbau brachte so eine starke
Entwaldung mit sich, dass schon Maria Theresia die ersten Gesetze zum Schutz
der Wälder erlassen musste.67
Auch die natürlichen Zirben-Lärchen-Wälder nahe der Baumgrenze wurden zu-
nehmend gerodet, wobei die Lärche meist stehen gelassen wurde. So konnten sich
die heute für diese Vegetationsstufe so typischen Zwergstrauchheiden (beispiels-
weise Almrausch) vermehren. Die ausgedehnten Latschenzonen der nördlichen
Kalkalpen breiteten sich ebenfalls erst durch den menschlichen Einfluss aus und
reichen heute bis auf 1.500 m herab. Die starke Beanspruchung des Rasens auf-
grund von Viehtritt und Überweidung brachte mit sich, dass sich eine bestimmte,
besonders widerstandsfähige Rasenart ausbreiten konnte und in der Folge die na-
türliche, weitaus artenreichere Rasengesellschaft zurückgedrängt wurde.68
Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit
Die Vegetationszonen und damit die für den Menschen interessanten Räume sind
nicht nur die Folge der verschiedenen Bodenarten, sondern auch des alpinen Kli-
mas. Doch „das Gebirgsklima“ schlechthin gibt es nicht, im Gegenteil : Gerade
die starke regionale Varianz ist ein typischer Zug der klimatischen Verhältnisse im
Gebirge. Zum einen ist es die Lage im europäischen Klimagroßraum, der das Wet-
ter69 der einzelnen Regionen bestimmt, zum anderen sind es die topografischen
Gegebenheiten einer Region, die innerhalb von nur wenigen Kilometern eine ganz
unterschiedliche Vegetation hervorbringen können – trotz gleicher Böden.
Das oft ungemütlich kalte und windige Wetter an den Pässen war es, das in
frü heren Zeiten das Bild der Alpen geprägt hatte : In den Alpen war laut den
65 Drescher-Schneider, Vegetations- und Besiedlungsgeschichte 175 ff.
66 Veit, Alpen 162.
67 Sperl, Montangeschichte des Erzberggebietes 38. In England kam es schon im 13. Jh. zu den ersten
Schutzvorschriften für Wälder. Sprandel, Eisengewerbe 324. Auch in den Schweizer Alpen kam es
zu katastrophalen Waldzerstörungen. Burga (Hg.), Klima der Schweiz 675.
68 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 680 ; Franz, Ökologie der Hochgebirge 231 ff.
69 Eine kurze Bemerkung zum Terminus „Klima“ : Damit ist die Summe der Wetterzustände gemeint,
die an einem Ort im Jahresverlauf auftreten können. „Wetter“ hingegen ist der Zustand eines Ortes
zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361