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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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64 Das habsburgische Babylon Darin mag auch der Grund dafür liegen, dass multikulturelle Verhaltenserwar­ tung eine »Beziehungsfalle« darstellt : Es ist nicht möglich, gleichzeitig zu as­ similieren und die Identität zu erhalten, ebenso wie es nicht möglich ist, sich gleichzeitig zu bereichern und den anderen dabei alles zu belassen, wie Dieter Lenzen im Kontext machtbezogener Fragestellungen zum »Fremden« treffend bemerkt (Lenzen 1991 : 148). Die Anerkennung des multikulturellen Merk­ mals von Gesellschaften wie jene der Habsburgermonarchie impliziert demnach die Notwendigkeit, das Konzept des kulturell Anderen im Kontext asymmetri­ scher Kräfteverhältnisse der beteiligten Kulturen zu berücksichtigen. Spätestens durch die Migrationsthematik, die bestehende kulturelle Konzeptionen auf den Prüfstand stellte und letztendlich die »Exotik des Multikulturalismus« (Bhabha 2000 : 58) demaskierte, rückt die Idee von multikultureller Toleranz ins Zent­ rum sowohl kulturwissenschaftlicher als auch spezifisch politischer Debatten. Es stellt sich die Frage, ob die »hautnahe« Auseinandersetzung mit dem An­ deren, wie sie auch im Gefolge der verschiedenen Arten von Migration in der Habsburgermonarchie praktiziert wurde und zur Mythenbildung multikulturel­ len Toleranzverhaltens beitrug, nicht das Gegenteil von gegenseitiger Toleranz implizierte, werden doch gerade im Gefolge dieser vielfältigen Auseinanderset­ zungen Konstruktionen des Anderen vorgenommen, die – nicht zuletzt durch bestimmte gesetzliche Regelungen verfestigt – eine vordergründige Erlaubnis zum Anderssein dekretieren. Der Verdacht liegt nahe, dass diese Erlaubnis zum Anderssein in der Philosophie des Multikulturalismus zwar das Eingeständnis der Differenz, aber gleichzeitig auch die Verweigerung der Gleichheit bedeutet. Es kann daher nicht geleugnet werden, dass das im Konzept des Multikultura­ lismus angelegte Recht auf Alterität und Differenz noch nicht das eigentliche Grundrecht der Egalität gewährt : »Die Logik des Multikulturalismus überwin­ det leider nicht die Dialektik von Inklusion und Exklusion« (Weibel 1997 :12). Wird jedoch das Eingeständnis der Differenz im Kontext der Erkenntnis ge­ sehen, dass Differenz nie etwas »Natürliches« ist, sondern das Produkt sozialer Konstruktionen, mit deren Hilfe symbolische und territoriale Grenzen über­ haupt erst gezogen werden, werden auch die in diese Prozesse involvierten Sub­ jekte als etwas nicht Fixierbares und Festschreibbares angesehen. Kultur wird damit nicht mehr als Ab­ und Ausgrenzungsmedium betrachtet, sondern dient der Grenzüberschreitung, die »multikulturelle Gesellschaften« überhaupt erst möglich macht (vgl. Marko 2000 : 19). Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis des im Rahmen des Monumentalwerks Die Habsburgermonarchie 1848–1918 erschienenen zweiteiligen Bandes Die Völ- ker des Reichs (Wandruszka/Urbanitsch 1980 : V–X) verschafft ein erstes Bild
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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