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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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»Polykulturelle Kommunikation« 93 DienstbotInnen Bezug genommen,80 nicht nur weil diese unter den genannten Berufen die größte Gruppe einnahmen, sondern weil sie durch den von ihnen vielfach abverlangten Rund­ um­ die­ Uhr­ Tagesplan der Tätigkeit des »habitua­ lisierten Übersetzens« besonders intensiv ausgesetzt waren bzw. diese in hohem Ausmaß prägten. Anschließend wird auch die Rolle der Handwerker im Rah­ men des »habitualisierten Übersetzens« einer kurzen Analyse unterzogen und das »Tauschkindersystem« im Kontext seiner kulturmittlerischen Funktion aufgezeigt. DienstbotInnen Hausangestellte waren ein wichtiger Faktor im innerfamilialen Beziehungsgeflecht ; sie lebten – in reicheren Bürgerhäusern gemeinsam mit Köchin, Stubenmädchen, Wäscherin, Stiefelputzer etc. – immer in Hausgemeinschaft mit der »Herrschaft« und lernten nicht zuletzt durch ihre permanente Anwesenheit im Detail die Sitten und gesellschaftlichen Maßstäbe ihrer Vorgesetzten kennen, die ihrerseits, zumin­ dest bis zu einem gewissen Grad, mit der Lebenswelt der Dienstboten in Berüh­ rung traten (vgl. Engelsing 1978 : 183f.) ; die diesbezüglichen Wechselwirkungen liefen nicht nur über verbale, sondern auch symbolische Übersetzungsprozesse ab, die im Rahmen der hierarchischen Beziehungen zwischen den involvierten gesell­ schaftlichen Gruppierungen tendenziell von oben nach unten und daraus resultie­ rend in dementsprechenden Machtverhältnissen verliefen.81 Der Aufschwung des DienstbotInnenwesens war zum Großteil auf den Auf­ stieg des Bürgertums zurückzuführen, im Zuge dessen es unter anderem zu einer Wandlung der Funktion des Haushalts kam, die eine Verschiebung von einer Produktionseinheit zur Konsumtionseinheit implizierte (Harrasser 1996 : 30). In Wien wurde der häusliche Dienst fast ausschließlich von Frauen aus­ geübt : 1890 gab es laut Volkszählung 424.387 Dienstmädchen in der Habs­ burgermonarchie, von denen ein Drittel, 32,3 %, jünger als 20 Jahre war ; die Volkszählung von 1910 wies ähnliche Zahlen auf. Die meisten Hausgehilfinnen waren nicht in Wien geboren : Im Jahre 1880 z. B. waren nur 7,3 % der in Wien lebenden weiblichen Dienstboten gebürtige Wienerinnen ; etwas mehr als 20 80 Ländliche DienstbotInnen kamen zumeist aus dem direkten Umland und waren in der Mehrzahl der Fälle keinen expliziten – zumindest sprachlichen – Kommunikationsproblemen ausgesetzt ; vgl. Ausnahmen dazu auch unten. 81 Vgl. dazu auch Csáky/Feichtinger/Karoshi/Munz (2006 : 4), die betonen, dass die Assimilation von­ seiten der ZuzüglerInnen eine kontinuierliche Delegitimierung von traditionellen Bindungen »oder zumindest das Wechseln zwischen unterschiedlichen kulturellen Ordnungsmustern« erforderte.
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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