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212 »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor
gen Kräfteverhältnisse ist unter anderem der Einsatz verschiedener Kapitalarten
der involvierten AkteurInnen ausschlaggebend. Wird mit Bourdieu davon aus
gegangen, dass die praktische Verfügung über die verschiedenen Kapitalarten
die Handlungs und Profitchancen eines Akteurs bzw. einer Akteurin innerhalb
eines spezifischen Feldes bedingt, so sind für die vorliegende Untersuchung vor
allem zwei Kapitalien ausschlaggebend : das kulturelle und das soziale Kapital.
Indizien für die vielfachen Ausformungen kulturellen Kapitals sind bei den
hier involvierten AkteurInnen, den ÜbersetzerInnen, reichlich vorhanden. Was
Bourdieu als »inkorporiertes Kulturkapital« bezeichnet, die durch die Zeit ver
innerlichten dauerhaften Dispositionen des Menschen, die immer durch die
Umstände ihrer Aneignung geprägt bleiben (Bourdieu 1997b : 55f.), kommt
vor allem in Form der genannten Qualifikationen der ÜbersetzerInnen zum
Ausdruck. Die von den ÜbersetzerInnen in den Inseraten angegebenen Spra
chen bilden die Grundlage dieser Subform des kulturellen Kapitals : Sie sind das
Movens ihrer Tätigkeit, und je nach Prestige der Sprache auf dem sprachlichen
Markt der Monarchie sind sie – im Zusammenspiel mit den dazugehörigen
Fachgebieten, in denen die Sprachen eingesetzt werden – der Ausgangspunkt
für die Positionierung der ÜbersetzerInnen im Vermittlungsraum. Der oftma
lige Hinweis auf die Internationalität des Übersetzungsbüros bzw. die inter
nationalen Beziehungen des Übersetzers sind ebenso Bestandteil des inkorpo
rierten kulturellen Kapitals, da diese Internationalität ja in erster Linie durch
die Einsätze (enjeux) der Akteure in bildungs und wissensmäßigen Belangen
bedingt ist, doch kommt es hier zu einer Überschneidung mit einer anderen
Kapitalsorte, dem sozialen Kapital, das – unter anderem – die (im vorliegen
den Kontext internationalen) sozialen Netzwerke der AkteurInnen bezeichnet.
Immerhin sind 12 % aller ÜbersetzerInnen, die ihre Inserate aufgegeben haben,
darauf bedacht, auf die Internationalität ihrer Erfahrungen hinzuweisen.
In der Darlegung der Fachgebiete, in denen die ÜbersetzerInnen ihre Dienste
anbieten, kommt das inkorporierte Kulturkapital deutlich zum Tragen. Wie er
wähnt findet im Lauf der Jahrzehnte eine starke Auffächerung der Themenbe
reiche statt, in denen die ÜbersetzerInnen ihre Dienste anbieten, wobei für die
Feststellung des diesbezüglichen kulturellen Kapitals nicht nur die Quantität an
Fachgebieten eine Rolle spielt, die sich in den Händen eines einzigen Überset
zungsbüros oder Übersetzers/einer Übersetzerin konzentrieren, sondern auch
die qualitative Komponente : Je diversifizierter das Angebot, desto mehr Fertig
keiten und Wissensformen bringt die Akteurin/der Akteur ins Spiel und erhöht
damit ihre/seine Chance auf eine vorteilhafte Positionierung im Vermittlungs
raum. Dies trifft sowohl auf Fachgebiete als auch auf die Textsorten zu, die in
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437