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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Literaturpreise 229 zu haben, und nach verschiedenen beißenden Zeitungskommentaren forderte die k.k. niederösterreichische Statthalterei das Kuratorium auf, unter Vorlage eines Protokolls »die Vorgänge hinsichtlich der letzten Preisverleihung einge­ hend darzustellen« (Rauscher 1937 : 91). Im Zuge der Polemik wurden gegen Trebitsch seine stark kritisierten Shaw­ Übersetzungen ins Treffen geführt, was deutlich den Zusammenhang zwischen der Position des Preisträgers als Schrift­ steller und seiner Stellung als Übersetzer und Vermittler von Literatur im litera­ rischen Feld erkennen lässt. Die Polemik erscheint umso virulenter, als die Aus­ einandersetzung um die Preisverleihung an Siegfried Trebitsch deutlich zeigt, in welch fortgeschrittenem Stadium des Legitimationsprozesses – nach der Verlei­ hung des Preises – die Wirkung von Machtbeziehungen, im vorliegenden Kon­ text in Form von politischer Intervention und Druck durch das Massenmedium Zeitung, das Prestige des Schriftstellers zu beeinträchtigen vermögen. Auch in diesem Konflikt meldete sich Karl Kraus zu Wort. Er stellte Trebitsch zunächst ein schlechtes Zeugnis als Übersetzer aus : »Daß Trebitsch schlecht übersetzt, haben wir gewußt« (Kraus 1912 : 59, Hervorh.v.mir). Damit appelliert er an das offensichtlich in literarischen Kreisen bekannte Wissen um die man­ gelnde Qualität der trebitschschen Übersetzungen und stellt damit gleichzeitig dieses Wissen in direkten Zusammenhang zur eben erfolgten Verleihung des re­ nommierten literarischen Bauernfeldpreises, was wiederum im Kontext der Po­ sitionierung im literarischen Feld das Prestige des Preisträgers schwächt und sei­ ner Position abträglich ist. Zwischen dieser Minderung in der Anerkennung von Trebitschs symbolischem Kapital und dem im Feld wirkenden kulturellen und symbolischen Kapital der Preisrichter stellt Kraus gleich anschließend eine Ver­ bindung dar : »Es ist nämlich dank der Freiheit und Gewissenlosigkeit der […] Wiener Literaturhändler möglich, daß einer [Siegfried Trebitsch] den Kurswert eines modernen Novellisten erlangt […]« (ibid.: 60). Dieser Fingerzeig auf die machtvollen Machenschaften im Literaturbetrieb, die Karl Kraus in vielfachen Kontexten nicht müde wird zu denunzieren, spiegelt einmal mehr den Kampf um die Legitimation im Feld und die Auswirkungen der jeweiligen Investitionen vonseiten relevanter Akteure wider. Wie kurzlebig die Wirkung von Literatur­ und anderen Preisen als zeremonielle Weihform des (literarischen) Kulturlebens sein kann, beweist gerade der Bauernfeldpreis, den zahlreiche SchriftstellerInnen verliehen bekamen, die heute in der Vergessenheit versunken sind.199 199 »Der Bauernfeld­ Stiftung bleibt es vorbehalten, mit unbeirrbarer Beharrlichkeit Schriftsteller dritten bis dreizehnten Ranges auf den Schild zu heben«, so ein zeitgenössischer Zeitungskom­ mentar (Hoffmann 1917 : 5).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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