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Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Literaturpreise 231 stellung Trebitschs als schlechten Schriftsteller und Juden, der den Anforderun­ gen eines renommierten Preises durch diese negative Bewertung nicht gerecht werden kann, und ein zweites Mal durch die Anschuldigung an die Preisrichter, ihre Macht missbraucht zu haben, indem sie – noch dazu durch Beeinflussung von außen – einem (nicht würdigen) »Protegé« den Preis zukommen ließen. Durch diese doppelte Schaffung von Differenz versucht sich die Zeitung im literarischen Feld stärker zu positionieren und ist im Zuge dieser Positionie­ rungsversuche bedacht, alle nur möglichen Kapitalarten ins Spiel zu bringen : das kulturelle Kapital des Autors, das als minderwertig diffamiert wird, das sym­ bolische Kapital des Autors, das einerseits aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Judentum per definitionem gar nicht vorhanden sein kann und, sollte dies doch zumindest in Ansätzen der Fall sein, aufgrund der Protektion durch die Jury ad absurdum geführt wird, das soziale Kapital der Preisrichter, das als Miss­ brauch kritisiert wird, das kulturelle Kapital der Preisrichter, das aufgrund der minderwertigen literarischen Qualitäten des Preisträgers implizit infrage ge­ stellt wird und das symbolische Kapital von gleichermaßen Preisrichtern und Preisträger, das durch die im Leitartikel propagierte falsche Entscheidung, den Preis an Trebitsch zu verleihen, hinterfragt wird. Die Zeitung selbst bringt ihr eigenes symbolisches Kapital ins Spiel, wenn sie in Anbetracht der geschilderten »Schandtaten« zunächst die korrupte Presse anprangert und sodann einer »gu­ ten Presse« das Wort redet, die keine »Lumpereien befürwortet« : Sie bietet sich damit, verstärkt durch diesen Rückgriff auf ihre Kritik an den Machenschaften der Preisrichter, als Garantin für eine unabhängige, kritische Berichterstattung an und geht dabei so weit, ihre am Beginn des Artikels geäußerten rassistischen Beschimpfungen zu relativieren, indem sie nochmals den »unfähigen Juden« erwähnt, jedoch mit dem Versuch einer Milderung hinzufügt : »ohne daß bei diesem Anlasse der Antisemitismus irgend welche Rolle spielen soll«. Für den gesamten Fall erscheint auch aufschlussreich und für das Funktionieren des Fel­ des um die Jahrhundertwende symptomatisch, dass das ökonomische Kapital hier von keinem der Beteiligten zur Sprache kommt. Die Höhe des Preises ist freilich zu gering, um materielle Bereicherung als Movens für die Verleihung nennen zu können, doch erscheint auch von Bedeutung, dass die Juroren für ihre Tätigkeit im Allgemeinen, und so auch im Fall des Bauernfeldpreises, nicht entschädigt wurden (vgl. Knöfler 2000 : 297). Das ökonomische Kapital spielt hier auch im Rahmen der Stiftung von Differenz keine Rolle, wobei nicht zu vergessen ist, dass nach Bourdieu Differenz immer erst Sinn ergibt, wenn sie von den anderen AkteurInnen anerkannt wird. Gerade dies kann im Falle des ökonomischen Faktors im Fall Trebitsch nicht zutreffen.
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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