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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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232 Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie Unter den PreisträgerInnen waren auch viele als ÜbersetzerInnen mit ho­ her Anerkennung tätig, wie etwa Marie Herzfeld (1855–1940), die für ihre Übersetzungen aus den skandinavischen Sprachen bekannt wurde, aber auch aus dem Italienischen, Französischen und Englischen übersetzte. Ihre Tätig­ keit als Vermittlerin von Literatur war von einer regen literaturkritischen und schriftstellerischen Arbeit begleitet, die in umfangreichen Korrespondenzen mit Hofmannsthal, Rilke, Ebner Eschenbach, Franzos u.a. dokumentiert ist (Strümper­ Krobb 2001 : 117). In der Auseinandersetzung mit Hermann Bahr in der »Überwindung des Nationalismus« steht sie eher für eine Umorientie­ rung des Naturalismus (Bruns 1977 : 14).201 Marie Herzfeld erhielt den Bau­ ernfeldpreis im Jahr 1904 für ihr »Gesamtschaffen«, wobei nicht klar ist, ob damit ausschließlich die schriftstellerischen Werke Herzfelds gemeint waren oder auch ihr Übersetzungsschaffen inkludiert war. Ein weiterer Preisträger, der sich durch seine Tätigkeit als Übersetzer auszeichnete, war der Prager Ly­ riker Friedrich Adler (1857–1938), der 1918 auch als Dolmetscher und Jurist der tschechoslowakischen Nationalversammlung tätig war und den Bauern­ feldpreis gemeinsam mit Siegfried Trebitsch und anderen 1912 erhielt. Adler übersetzte aus dem Spanischen (de Triarte), Italienischen (Carducci, Fusinato, Monti), Französischen (Breton) und vor allem Tschechischen (Vrchlický) und nahm auch als Theater­ und Kunstkritiker zu aktuellen Rezeptionsfragen Stel­ lung (Neue Deutsche Bibliographie 1955, I : 69). Otto Hauser (1876–1944), dem der Bauernfeldpreis 1916 verliehen wurde, galt in literarischen Kreisen insofern als eine Ausnahmeerscheinung, als er etwa 40 Sprachen beherrschte und auch aus den meisten dieser Sprachen übersetzte. Seine Tätigkeit als Schriftsteller und Kritiker trat gegenüber seinen übersetzerischen Aktivitäten in den Hin­ tergrund, doch war Letztere alles andere als friktionsfrei : Bekannt sind seine Auseinandersetzungen mit dem bekannten Übersetzer (vor allem von Dante) Rudolf Borchardt, der Hauser der Verwendung »vulgärer Austriazismen« in sei­ nen Übersetzungen bezichtigte und ihn als »Zeitzwitter aus Literat und Dichter, Gelehrtem und Schöngeist, aus Pfuscherei und Dünkel, Ohnmacht und tour- de-main« bezeichnet (Borchardt 1959/1908 : 370, 386, Hervorh. i. O.). Von un­ verkennbarer Bedeutung für die österreichische Kulturwelt waren Otto Hausers kulturmittlerische Tätigkeiten trotz seiner (in späteren Jahren) rassistischen Ge­ 201 Die rege Übersetzungs­ und HerausgeberInnentätigkeit von Marie Herzfeld wird auch in Peter de Mendelssohns monumentaler Verlagsgeschichte von S. Fischer eindrücklich belegt (vgl. Men­ delssohn 1970 : 154–160, 227, 250). Zur Rolle Marie Herzfelds als Vermittlerin siehe Renner (2001).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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