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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Page - 323 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918

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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 323 spricht. Auch in anderen Vorworten, die nicht explizit auf den Treuegrundsatz eingehen, wird diese Sicht vertreten, wenn etwa im Rahmen einer Entschuldi­ gungsgeste behauptet wird, die Übersetzung bleibe hinter dem Original zurück (18q, 588, 75) bzw. durch die Übersetzung gingen »die Vorzüge des Originals verloren« (871, vgl. auch 661). Der Rechtfertigungsdiskurs, der sich in dem Be­ mühen äußert, im Bekanntheitsgrad des Originals oder seines Autors eine Er­ klärung für das »bescheidene Unterfangen« der Übersetzung zu finden (282a), ist ebenso ein weiteres Indiz für eine hierarchisierte Sichtweise des Übersetzens wie der Verteidigungsdiskurs, der durch die Bitte »um Nachsicht für die Schwä­ chen der Übersetzung« (1053, 1069a) oder »um nachsichtige Beurteilung« (958) zum Ausdruck kommt. Interessanter unter dem Gesichtspunkt der Methodendiskussion erscheinen jene Vorworte, die in mehr oder weniger expliziter Form ein Bekenntnis des Treuebruchs ablegen. Dabei ist festzuhalten, dass die unter diese Kategorie fal­ lenden Vorworte keiner bestimmten Textsorte zuzuordnen sind, und von epi­ scher Dichtung oder Libretto über Reisebericht und Komödie bis zum Fachtext reichen.265 Nicht ganz vom Treueparadigma gelöst, doch richtungweisend äu­ ßert sich der Dante­ Übersetzer B. Carneri, der bei seiner Arbeit bestrebt war, »durch Vermeidung einer sklavischen Worttreue, die Verdeutschung über das Niveau einer blossen Uebersetzung zu erheben, auf den Sinn das Hauptgewicht zu legen, und nach Möglichkeit […] den Ton des Originals zu treffen« (18ah). Über eine solche – eigentlich noch dem Rechtfertigungsdiskurs zuzurechnen­ den – Argumentation gehen andere Vorworte hinaus, wenn sie, wie Siegfried Lederer im Vorwort seiner Übersetzung der Komödie Das Geheimnis des Herrn Marchese (508a) von Paolo Ferrari (1885) die Notwendigkeit hervorheben, »den heimischen Verhältnissen durch unterschiedliche Modificationen gebührend Rechnung zu tragen«. Das in verschiedenen Vorworten mehr oder weniger bewusst geäußerte Be­ kenntnis zum Treuebruch manifestiert sich in weiterer Folge in einem selbstbe­ wussten translatorischen Handeln, das vorrangig durch eine klare Argumentation für die vorgenommenen Übersetzungsstrategien zum Ausdruck kommt (vgl. 417, 854). Dieses selbstbewusste Handeln muss, wie einige Beispiele zeigen, nicht 265 Unter diese Kategorie fallen auch jene Vorworte lyrischer Texte, in deren Zentrum das Thema des Versmaßes steht. Zur Sprache gebracht wird die Umwandlung des Verses in Prosa (18an, 344), die Vereinfachung der Verse (30, 871) und die Konzentration auf weibliche oder männliche Reime (318d, 872b). Alle diese Beispiele sind von einem mehr oder weniger ausgeprägten Recht­ fertigungsdiskurs für diese Strategie gekennzeichnet.
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Subtitle
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Author
Michaela Wolf
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
442
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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