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328 Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen
»Süße des Gartens italischer Poesie« übermalt. Es ist dies einer der zahlrei
chen Versuche, die »Erbfeindschaft« (Berghold 1997) der beiden Länder bzw.
der darin involvierten Kulturen durch eine Rhetorik der Idylle, deren Schwer
punkt auf der ästhetischen Dimension liegt, gleichsam »weg« zu konstruieren.
Das Stereotyp dieses idyllischen Mythos setzt sich auch noch einige Jahrzehnte
nach der italienischen Staatengründung fort : Der Dichter und Professor für
Literaturwissenschaft Karl Erdmann Edler zeichnet im Übersetzer
Vorwort zu
Costantino Nigras Idyllen und ausgewählte Gedichte (933) ein besonders ausge
prägtes Bild des Nord Süd Gegensatzes und bezieht dabei die Übersetzung als
ein Phänomen ein, das in diesem Gegensatz eine inferiore Position einnimmt :
Farbenglut, Duft und Wohllaut des italienischen Originals kann eine deutsche
Uebertragung nur in unzulänglicher Annäherung wiedergeben. Sie ist der blosse
Abschein glühender südlicher Himmelslichter auf nordisches Waldgewächs […].
(Erdmann 933)
Eine ähnliche Überzeichnung nimmt Estella Wondrich in ihren paratextuellen
Ausführungen zu Giovanni Pascolis 1908 erschienenen Ausgewählten Gedich-
ten (972) vor. Sie geht von einer Schilderung des »gesegneten [italienischen]
Landstrich[s]« der Romagna aus und stellt einen Vergleich von deren Charak
teristika (»die Silhouetten der Zypressen und der grünsilberne Ton der Oliven«)
mit der Landschaft Thüringens oder Schwabens an, der, wie sie zugibt, freilich
unmöglich wird, sobald »das lachende, glühende Blau des adriatischen Meeres«
in den Blick genommen wird. Der Romagna ist jedoch auch »ein Hauch germa
nischer Innigkeit und Schwermut« eingeschrieben, der sich ebenso in Pascolis
Gedichten niederschlägt, die so klingen, »als spräche eine germanische Seele in
lateinischen Lauten«. Der Bezug auf das Stereotyp des sonnigen Südens, dessen
Tradition aus dem goetheschen Italienbild schöpft, ist hier offensichtlich und
kann als Versuch gewertet werden, die Aufnahme der Übersetzung beim Publi
kum in einen ahistorischen Kontext zu stellen.
Einige Übersetzer wiederum versuchen durch ihre paratextuellen Ausfüh
rungen, die Translate an Ereignisse der Gegenwart anzubinden, indem sie etwa
auf das vom Autor postulierte Ansinnen zurückgreifen, den Roman »als eine
Anspielung auf gegenwärtige Zustände« (Arthur Storch im »Nachwort zu
gleich Vorwort« von Anonio Giulio Barrilis Tizian Cajus Sempronius. Eine Ge-
schichte aus dem alten Rom, 1878, 62) zu interpretieren, und dementsprechend
den Namen aus dem Titel »Titius – Tizio« in das »moderner klingende Tizian«
abwandelten ; insgesamt jedoch fokussiert das gesamte Vorwort auf die Ereig
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Subtitle
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Author
- Michaela Wolf
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 442
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437