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Geographie, Land und Leute
Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISEBERICHT 100 schen, wenn der Riegel in die Vertiefung der seitli- chen Türlaibung geschoben und dadurch die Kerben im Riegel genau unter den Fallen positioniert sind und die Tür auf diese Weise geschlossen wurde. Sind die Fallen heruntergerutscht, kann der Riegel nicht ohne Einsatz des Schlüssels zurückgeschoben und die Tür wieder geöffnet werden. Das Schloss verfügt über den horizontalen Kanal für den Riegel und darüber über meist zwei integrier- te Schlitze, in denen die zwei Fallen vertikal geführt werden. Außerdem gibt es an der Seite die etwas vertiefte Schlüsselöffnung mit einem Profil, das mit jener der Fallen und dem Schlüssel übereinstimmen muss. Diese Öffnung setzt sich durch die erste Falle, den Steg des Schlosses bis zur zweiten Falle mit glei- chem Profil fort. Die Fallen sind bei diesen Schlössern keine runden Stifte wie im Jemen, sondern flache meist rektangu- lierte Holzstäbe, die genau in die vertikalen Schlitze des Schlosses passen. Von der Breitseite zeigen bei- de Fallen je eine durchgehende Öffnung mit einem individuell geformten Profil, das bei beiden Stäben die gleiche Profilierung aufweisen muss wie bei dem Schlüsselloch und als Positivform beim Schlüssel. Der Schlüssel besteht meist aus einem runden Stab, den man in der Hand hält. Aus diesem tritt in Längs- richtung am unteren Rand der Stirn ein weiterer viel dünnerer Stab vor, auf dem in den Abständen der Fallen im Schloss vom Beginn des Schlüssellochs ge- messen wieder zwei Holzscheiben montiert sind, die genau so geformt sind, wie die Ausnehmungen bei den Fallen und auch wie das Schlüsselloch. Die Ab- stände der Fallen zueinander können variiert werden und auch im Innern die Profile nochmals leicht redu- ziert werden. So gibt es auch hier unendlich viele Varianten an Schlössern und Schlüsseln. Wenn der Schlüssel nun mit dem dünnen Stab unten bis zum Anschlag in das Schlüsselloch eingeschoben worden ist, finden sich die zwei Scheiben genau auf Höhe der Fallen. Nun kann man die zwei Fallen an- heben, indem man den Schlüssel nach oben hebt. Da der dünne Stab des Schlüssels unten montiert ist, beträgt die vertikale Toleranz die Höhe der Scheiben des Schlüssels minus der Stärke des dünnen Schlüssel- stabes. Das ist genau der Hub, der notwendig ist, um die Fallen aus den Kerben in dem Riegel zu heben. Danach kann der Riegel wieder seitlich verschoben werden. Solange die Fallen oben gehalten werden, ist der Riegel verschiebbar und solange kann man den Schlüssel nicht aus dem Schloss ziehen. Erst nach- dem die Tür verschlossen ist, kann dieser wieder ab- gezogen werden. Die weite geografische Verbreitung der hölzernen Fallenschlösser und ihre ausgeklügelte und weitge- hend einheitliche Konstruktionsweise sowie der sehr ähnliche Dekor auf den Schlössern in sehr weit aus- einanderliegenden Kulturräumen sind starke Indizien dafür, dass die hölzernen Türschlösser schon lange vor der Römerzeit im arabischen Raum und darüber hinaus weit verbreitet waren. Die Entwicklung der Verschlusstechnik dürfte sich relativ sicher in einem längeren Prozess an Holztüren mit verschließbaren Riegeln vollzogen haben, die mit der Zeit zu immer komplizierteren Türschlössern führten. Die Hethiter hatten bereits im 3. Jt. v. Chr. und erst sehr viel später auch die Römer Schlösser aus Metall. Die der Römer waren schon etwas kompakter gebaut. Man kann sicher davon ausgehen, dass praktisch überall in Zonen mit hochentwickelten Kulturen und Zivilisationen das Sicherheitsbedürfnis ausgeprägt war und daher auch zunächst unterschiedliche Holz- schlossvarianten entwickelt wurden. In relativ abge- schiedenen Gebieten haben sich mitunter auch an- dersartige Türschlösser bis heute erhalten. Vergleich mit Türschlössern auf Tinos So gibt es auf der griechischen Kykladeninsel Tinos an manchen entlegenen älteren Gebäuden noch heute hölzerne Gebäudeverschlüsse (Amirales 1996:245, 246, 249, Abb. 55; 251, Abb. 56; 253, Abb. 57). Bei diesen Schlössern handelt es sich im Vergleich zu den Fallenschlössern im Jemen und in Marokko um eine etwas anders konstruierte Art von Fallenschlös- sern. Auch diese sind sicher nicht als isolierte Ent- wicklung zu betrachten, da es ähnliche Schlösser in Mesopotamien gibt, die auf eine sehr lange Tradition zurückblicken sollen (Hohmann 2012:211). Die Schlösser wurden früher auf Tinos von Tischlern in den Dörfern aus einem besonders harten Holz her- gestellt. Die Härte des Holzes war vor allem für den sehr filigranen Schlüssel notwendig. Die alten Türschlösser bestehen auch hier aus einem fix auf dem Türblatt montierten Schloss, einem hori- zontal verschiebbaren Holzriegel, der durch einen ho- rizontalen Kanal auf der Rückseite des Schlosses auf dem Türblatt verschoben werden kann und meist aus zwei Fallen im Schlosskörper sowie einem Schlüssel. Der Holzriegel kann in eine Vertiefung der seit- lichen Türlaibung geschoben werden, wodurch die Tür versperrt wird. An der Oberseite des Riegels gibt es zwei Einkerbungen, in welche diese eher breiten Fallen aus dem Schlosskörper oberhalb des horizon- talen Kanals auf Grund der Schwerkraft herunterrut-
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Jemen Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Title
Jemen
Subtitle
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Author
Hasso Hohmann
Publisher
Verlag der Technischen Universität Graz
Location
Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-670-3
Size
20.0 x 27.0 cm
Pages
308
Keywords
Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. Vorbemerkungen 7
    1. Reisemotive 9
    2. Reiseplanung 12
  2. Einige Tage Ägypten 17
    1. Sakkara 18
    2. Memphis 19
    3. Gizeh 20
    4. Kairo 21
    5. Ägyptisches Nationalmuseum 24
    6. Altstadt von Kairo 25
  3. Reise durch den Jemen 29
    1. Altstadt von Sanaa 33
    2. Kleidung von Männern und Frauen 42
    3. Die leichte Droge Kat 56
    4. Marib 60
    5. Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
    6. Säulen und ihre Kapitelle 74
    7. Flug ins Wadi Hadramaut 78
    8. Wasserhäuser 84
    9. Tarim 86
    10. Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
    11. Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
    12. Mausoleum in Al Ghurfa 107
    13. Schibam 108
    14. Seiyun 124
    15. Auskragungen und Vorspanneffekte 133
    16. Hureida 139
    17. Hadjarein 142
    18. Chrecher 142
    19. Sif 144
    20. Bienenhaltung in Amphoren 152
    21. Al Mukalla 157
    22. Fahrt nach Aden 165
    23. Aden 168
    24. Taiz 175
    25. Saada 195
    26. Schahara 202
    27. Fahrt nach Sanaa 209
    28. Amran 209
    29. Thulla 213
    30. Kaukaban 218
    31. Kuchlan 224
    32. Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
    33. Hodeida 233
    34. Zabid 236
    35. Hadjara 242
    36. Rauda 249
    37. Baynun 254
    38. Zurück entlang des Roten Meeres 268
  4. Siedlungsformen 273
    1. Schibam 273
    2. Hadschara 273
    3. Hadscharain 274
    4. Schahara 274
    5. Al Qurazihah, Afrikanischer Kral im Jemen 275
    6. Aden 276
  5. Bauformen 277
    1. Adobe-Lehmhochhäuser 277
    2. Saada-Lehmbauweise 278
    3. Schaabwa-Riegelwände 278
    4. Steinbauten 284
    5. Vorkrageffekte bei Lehmbauten 284
    6. Rundtürme mit aufgebauten Kleinpalästen 285
  6. Architekturdetails 287
    1. Kuppeln 287
    2. Gurtbögen 287
    3. Säulen, Pfeiler und ihre Kapitelle 288
    4. Verschachtelungen 288
  7. Apendix
    1. Bibliographie 292
    2. Abbildungsnachweis 294
    3. Anmerkung zu Ortsnamen 295
    4. Glossar 296
    5. Zu den Reisenden 302
    6. Dank des Autors 303
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