Page - 218 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISEBERICHT
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inneren Gitter. Es gibt sogar mit Steinstäben ausge-
führte kleine Erker mit Sichtgittern aus Stein. Spannend
ist, dass auch die Stadt Thulla wieder ganz eigene ar-
chitektonische Charakteristika entwickelt hat, die sich
von allen anderen Städten des Jemen unterscheiden.
Schade ist, dass die Wasserleitungen fast überall auf
dem Boden verlegt sind und nicht im Boden. Das
sieht nicht gut aus, das Wasser wird außerdem in der
Sonne aufgeheizt, was die Keimvermehrung fördert
und die Leitungen werden oft zu Hindernissen, an
denen man leicht hängen bleibt. Natürlich würde die
Verlegung der Leitungen in den Untergrund in Thulla
bedeuten, dass man die Leitungen zum Teil in den
gewachsenen Fels einstemmen muss. Vielleicht soll-
te man gleich eine Art breiteren Kanal produzieren,
in den künftig alle nötigen Leitungen verlegt werden
können und der nach oben mit Platten abgedeckt
wird. Mit Sicherheit werden weitere Leitungen und
Kabel folgen. Die moderne Infrastruktur ist erst am Be-
ginn ihrer Installation. Wir verließen die Stadt durch
das mächtige Tor der Befestigungsanlage.
Nach einigem Warten am Taxistandplatz gingen wir
zu Fuß bis zur Abzweigung zum nordjemenitischen
Schibam hinunter und wurden bis dahin sogar noch
ein Stück mit einem Privatwagen mitgenommen. Von
hier fuhr uns ein Taxi um 20 Real nach Schibam. Wir
durchquerten die Stadt zu Fuß und stiegen zuerst hi-
nauf nach Kaukaban. Dazu muss man über relativ
viele Stufen einen recht schönen Weg über die Felsen
nehmen. Je höher man steigt, desto besser wird die
Aussicht. Der Blick hinunter ins Tal, in die weite Hoch-
ebene und in die am Fuße des Bergmassivs von Kau-
kaban gelegene Stadt Schibam war beeindruckend.
Hier gibt es viele blühende Pflanzen, Kakteen und
auch bewohnte und unbewohnte Höhlenwohnungen
entlang des Weges. Zuletzt muss man in einer Fels-
spalte steil hinaufgehen und gelangt so zum Tor der
Stadt nach etwa einer dreiviertel Stunde Wegstrecke.
Kaukaban
Das Tor führt durch die Wehranlage des kleinen Städt-
chens Kaukaban, das früher nahezu uneinnehmbar
auf einem von senkrecht abfallenden Felsen umgebe-
nen Plateau angelegt ist. Das Torbauwerk ist sehens-
wert. Die Architektur ist von sorgfältig rektangulierten
Mauersteinen und sehr reizvollem Dekor bestimmt.
Sehr feine Reliefs aus kleinen Steinen zusammenge-
setzt schmücken die Fassaden, die Fensterlaibungen
und die Gesimse. Die Oberlichte der Fenster haben
hier sehr feine Gitter.
Leider wurde auch Kaukaban während des Bürger-
krieges durch die Luftwaffe bombardiert. Die Schä-
Im sechsten Stock war der Kat-Raum gemütlich und mit
vielen schönen Teppichen eingerichtet. Darüber hin-
aus reichte nur noch ein Treppenhausaufsatz. An die-
sen waren noch einige Funktionsräume auf dem Dach
angegliedert. Der Rest des siebten Stockwerks war
Terrasse mit einer eher schlichten Brüstung. Von hier
hatte man einen herrlichen Blick über die Stadt, auf
das Südtor von Thulla und auf die Zisterne, in der nur
ein Rest vollständig grünen Wassers zu erkennen war,
das immer noch mit Krügen entnommen und fortgetra-
gen wurde. Das zeigte, wie drängend das Wasser-
problem in manchen Regionen des Jemen ist. Im Kat-
Raum nahmen wir noch einen Tee ein. Wir schenkten
der Mutter zwei Kugelschreiber für die Schulkinder
der Großfamilie – einer dieser Stifte hatte gleich vier
Mienen mit unterschiedlichen Farben. Dann dankten
wir sehr herzlich und mussten uns verabschieden.
Wir gingen an der Moschee vorbei in den engen
Gassen hinab zum Stadttor. Das Minarett der Mo-
schee ist sehr gedrungen gebaut und schließt wie-
der mit einer Kuppel oben ab. Uns fiel auf, dass hier
manche der Oberlichte über den Fenstern breiter und
höher sind als die dazugehörigen Fenster unterhalb.
Vielleicht sollte hier in der kühlen Klimazone mehr
Wärmeenergie durch diese nicht verschließbaren
Oberlichtfenster in die Innenräume gelangen als in
den tieferliegenden Zonen des Jemen. Die Oberlich-
te haben sehr schöne Transennen mit Blumenmotiven
und wieder eine Verglasung in kräftigen Farben beim
Abb. 241
Ein Ofen zum Fladenbrotbacken in einer Küche
im vierten Stock eines der Steinhäuser in Thulla.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Title
- Jemen
- Subtitle
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 308
- Keywords
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix