Page - 274 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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ANALYSE
auf dem Hadschara steht, hat eine annähernd drei-
eckige Grundfläche. Die Kantenlängen entlang der
Westseite und auch entlang der Südostseite machen
jeweils etwa 170 m aus. Im Nordosten sind es rund
150 m. Die Stadt verfügte 1992 über etwas mehr als
100 Hochhäuser wobei die Zählung über ein Luftbild
erfolgte, bei dem oft nicht klar war, ob zwei anei-
nander gebaute Bauten nun als ein oder als zwei
Hochhäuser zu zählen sind.
Ähnlich wie bei Schibam gibt es auch hier nur ein
Eingangsbauwerk in die Stadt. Die steinernen Hoch-
häuser mit ihren bis zu sieben Stockwerken sind be-
sonders entlang der Außengrenzen des riesigen
Felsblocks direkt auf die Außenkanten der zum Teil
nach außen leicht überhängenden Felsen gebaut
worden. Die Zwischenräume wurden mit hohen
Steinmauern geschlossen, sodass eine durchlau-
fende, unüberwindliche Außenbefestigungsanlage
entstand. Am Fuß der hoch aufragenden Felsen
wurden zusätzlich dichte Gebüsche von Opuntien
als zusätzlicher Schutz gegen ungebetene Gäste
angepflanzt. Die Steinhochhäuser haben in ihrer
Konstruktionsweise ein reines Trockenmauerwerk,
das sehr sauber aufeinander gefügt ist. Das Terrain
ist innerhalb der Stadt nicht eben, so dass es starke
Niveauunterschiede durch steile Wege und Stufen
zu überwinden gilt (siehe S. 247, Abb. 275).
Außerhalb der Stadt stehen hingestreut kleine ein-
geschoßige Solitärbauten, die früher von jüdischen
Silberschmieden bewohnt waren. Diese mussten al-
lerdings das Land während des ersten Golfkrieges
verlassen, womit leider die Tradition der Silberschmie-
dekunst des Jemen weitgehend zu Ende ging. Das
starke Bevölkerungswachstum machte aber auch
einige weitere Wohntürme außerhalb der Stadt not-
wendig.
Hadscharain
Im Wadi Duan steht die Lehmhochhausstadt Had-
scharain auf einem mächtigen isolierten Felsblock,
der mitten im Wadi der Erosion widerstand. Der
Bergrücken ist langgezogen und besteht im Großen
aus drei Schichten von Sedimentmaterial mit unter-
schiedlichen Höhen und Härten. Ganz unten gibt es
eine harte Schicht, sodass der Fuß des Berges fast
rundum aus senkrechten und zum Teil sogar überhän-
genden Felsen besteht. Darüber folgt eine weichere
Schicht, die sich durch einen relativ steil ansteigen-
den Hang rundum abzeichnet. Darüber folgt der Rest
einer weiteren, nochmals sehr harten Felsschicht, die
vertikal aufragt und wie eine überdimensionale hohe
Mauer einen vergleichsweise schlanken Bergkamm
bildet. Über der unteren Felswand an der Basis verläuft rund
um den Berg eine Straße. Zu dieser führen nur we-
nige steile Straßen an den Stellen hinauf, wo sich
Schuttkegel am Fuß des Berges gebildet haben. An
der Ringstraße liegt ganz im Süden eine größere,
dicht verbaute Stadtzone mit vielen Hochhäusern und
engen Gassen. An der Nordostecke des Berges hat
sich eine zweite viel kleinere Siedlung agglomeriert.
Die Südstadt ist Hadscharain. Sie verfügt über eine
etwas flachere Siedlungszone im Zentrum an ihrer
höchsten Stelle. Dort hat sich eine Art Zentrum der
Stadt herausgebildet. Nach Norden schließt diese
Südstadt im Steilhang sowohl im Osten wie auch im
Westen relativ kompakt ab, so dass sie auch an die-
sen zwei verteidigungstechnischen Schwachstellen
relativ gut gesichert werden konnte.
Von weitem sieht die Südstadt wie eine Modell-
stadt aus. Die Hochhäuser bilden hier, ähnlich wie
in Hadschara, nach unten hin eine Art Mauer, eine
durchlaufende Festung. Allerdings sind die Häuser mit
meist drei bis vier, nur selten bis zu sechs Stockwer-
ken nicht ganz so hoch. Die Zahl der Häuser konnte
nur sehr grob geschätzt werden und dürfte bei etwa
550 Objekten liegen.
Ähnlich, wie in Schahara im Nordjemen wird oft die
Dimension eines Felsblocks mit dem Bauwerk nach
oben verlängert und so verschmelzen auch hier Na-
tur und Bauwerke oft zu einer harmonischen Einheit
(siehe S. 136, Abb. 142; S. 141, Abb. 145; S. 150,
Abb. 156).
Schahara
Schahara ist ein Sonderfall einer wehrhaften Berg-
stadt im Nordjemen. Es gibt in Schahara schon auf
Grund der Topographie kein ausgeprägtes Zentrum
dieser Stadt. Der Bereich um die drei größten Zister-
nen kann vielleicht als Zentrum angesprochen wer-
den. Hier gibt es auch ein Geschäft und das Fun-
duk. Die Häuser stehen mitunter einzeln oder auch in
längeren Reihen auf Berggraten und sind alle durch
ein Wegenetz miteinander verbunden. Früher war
der zentrale Bereich von Schahara nur über einen
weiten Fußweg aus dem Tal durch die unendlich vie-
len Feldterrassen in Serpentinen erreichbar. Am Ende
musste man seitlich in eine enge Schlucht abbiegen
und stand bald vor einem schmalen mehrgeschoßi-
gen Bau, der die Schlucht blockiert. Das war die
Wehranlage von Schahara und zugleich das Tor in
die Stadt.
Hier gelangte man durch das einzige versperrbare
Tor und über viele Stufen im Innern des Bauwerks auf
ein deutlich höheres Niveau. Das schmale Bauwerk
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Title
- Jemen
- Subtitle
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 308
- Keywords
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix