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Geographie, Land und Leute
Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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288 ANALYSE Hier wurden ĂŒber den Pfeilern, ĂŒber oktogonalen oder auch die mit im Profil 16-eckigen, also schon fast runden StĂŒtzgliedern in mehreren Lagen vorkra- gende StĂ€be lĂ€ngs und quer aufgebracht, die zu einer Verbreiterung der AuflageflĂ€che fĂŒhrten. Dieses aus dem Holzbau stammende Motiv wurde dann in Stein als Kapitell umgesetzt. An manchen StĂŒtzen mit achteckigem Profil wurden auch an den Ecken StĂ€be nach außen gespreizt, damit eine quadratische Auf- lageflĂ€che entsteht. Auch im Jemen dĂŒrften es meist Architrave gewesen sein, die oben aufgelegt und eingezapft wurden. Zeichnungen dazu finden sich weiter vorne im Kapitel zu Marib. Mitunter sind auch im Jemen bei den altsabĂ€ischen SĂ€ulenschĂ€ften mit polygonalem Querschnitt sehr leicht, manchmal kaum merklich, in anderen FĂ€llen deutlich erkennbar nach innen gekrĂŒmmte Kanneluren eingearbeitet worden (siehe S. 74, Abb. 68 bis S. 77, Abb. 78). Verschachtelungen Eine wirkliche Besonderheit und ein Charakteristikum der Ă€lteren jemenitischen Architektur und angrenzen- der Regionen sind Verschachtelungen nach dem Vor- bild vom Schachtelhalm. Diese fallen vor allem bei vielen TĂŒrmen auf, finden sich aber auch bei niedri- gen, langgestreckten Bauten, wie der Moschee west- lich außerhalb der Stadt Schibam im SĂŒdjemen. Die LehmwĂ€nde, die nach oben hin in ihrer WandstĂ€rke abnehmen, tun dies nicht kontinuierlich, sondern in Stufen. Dabei wiederholen sie den Dekor in allen Details rhythmisch, sodass der Eindruck entsteht, als wĂŒchsen immer wieder weitere etwas schlankere Fas- sadenschichten der gleichen Art aus einem Bauwerk oder aus einem Turm nach oben. Dies ist etwas, das sehr charakteristisch fĂŒr einen Teil der Ă€lteren jemeniti- schen Architektur ist (siehe S. 107, Abb. 109; S. 108, Abb. 110; S. 130, Abb. 134). kralbauten. Man darf vermuten, dass diese Konstruk- tionsweise erst mit der Verbreitung des Islam ab dem 7. Jh. n. Chr. ins sĂŒdliche Arabien gelangt ist (siehe S. 213, Abb. 235). SĂ€ulen, Pfeiler und ihre Kapitelle Kapitelle sollten wohl ursprĂŒnglich dazu dienen, die AuflageflĂ€che ĂŒber einem StĂŒtzglied, beispielsweise ĂŒber einem Pfeiler oder ĂŒber einer RundstĂŒtze zu ver- grĂ¶ĂŸern, damit sich der Auflagedruck pro FlĂ€chen- einheit im Übergang zur Decke verringert. Zugleich sollte aber auch der obere Abschluss besonders ge- staltet werden. So gibt es bei der dorischen SĂ€ule im alten Griechen- land eine breitere Deckplatte, den Abacus, und dar- unter einen sich tellerartig nach oben im Durchmesser verbreiternden sogenannten Echinus. Unterhalb folgt der nach unten im Durchmesser wieder zunehmende SĂ€ulenschaft mit seinen vertikalen Kanneluren. Diese haben sich daraus ergeben, dass die SĂ€ulenschĂ€fte ursprĂŒnglich BaumstĂ€mme waren und diese von ihrer Rinde befreit wurden, indem sie vertikal mit einem Hohleisen geschĂ€lt wurden. Bei der dorischen SĂ€ule geht es allerdings manchmal nur um eine geringfĂŒ- gige VergrĂ¶ĂŸerung der AuflageflĂ€che fĂŒr den ĂŒber ihr anschließenden Architrav. Der Abacus kann aber auch eine bis zu fĂŒnffache AuflageflĂ€che erreichen, als die Oberkante des SĂ€ulenschaftes hat. Bei der ionischen SĂ€ule ist gewöhnlich der Abacus relativ dĂŒnn. Das Kapitell unterhalb sieht fast so aus, als hĂ€tte man von oben fest auf ein weiches plas- tisches Material zwischen Deckplatte und SĂ€ulen- schaft gedrĂŒckt, sodass die Masse auf vier Seiten he- rausgequollen ist und sich dabei eingerollt hat. Auch hier ist der Schaft kanneliert. Noch eigenartiger ist das korinthische Kapitell, das aus zwei ĂŒbereinander angeordneten Akanthusblatt- krĂ€nzen von jeweils acht BlĂ€ttern besteht. Optisch tragen hier die etwas stabiler Wirkenden, zu Voluten aufgerollten StĂ€ngel an den vier Ecken des Kapitells unter dem meist auch schon recht reduzierten, nicht mehr nur quadratischen, sondern geschwungenen Abacus. Warum man ausgerechnet ein zwar stache- liges, aber kaum tragfĂ€higes Motiv fĂŒr ein Architektur- element gewĂ€hlt hat, das tragen soll, erscheint fast widersinnig. WĂ€hrend also in der Antike im Mittelmeerraum die Kapitellausbildungen sehr unterschiedliche Motive umsetzten, hatten die Kapitelle des sĂŒdlichen Arabien wesentlich pragmatischere, funktionalere, konstrukti- vere Gestaltmotive.
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Jemen Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Title
Jemen
Subtitle
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Author
Hasso Hohmann
Publisher
Verlag der Technischen UniversitÀt Graz
Location
Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-670-3
Size
20.0 x 27.0 cm
Pages
308
Keywords
Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. Vorbemerkungen 7
    1. Reisemotive 9
    2. Reiseplanung 12
  2. Einige Tage Ägypten 17
    1. Sakkara 18
    2. Memphis 19
    3. Gizeh 20
    4. Kairo 21
    5. Ägyptisches Nationalmuseum 24
    6. Altstadt von Kairo 25
  3. Reise durch den Jemen 29
    1. Altstadt von Sanaa 33
    2. Kleidung von MĂ€nnern und Frauen 42
    3. Die leichte Droge Kat 56
    4. Marib 60
    5. Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
    6. SĂ€ulen und ihre Kapitelle 74
    7. Flug ins Wadi Hadramaut 78
    8. WasserhÀuser 84
    9. Tarim 86
    10. TĂŒren und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
    11. Vergleich mit TĂŒrschlössern auf Tinos 100
    12. Mausoleum in Al Ghurfa 107
    13. Schibam 108
    14. Seiyun 124
    15. Auskragungen und Vorspanneffekte 133
    16. Hureida 139
    17. Hadjarein 142
    18. Chrecher 142
    19. Sif 144
    20. Bienenhaltung in Amphoren 152
    21. Al Mukalla 157
    22. Fahrt nach Aden 165
    23. Aden 168
    24. Taiz 175
    25. Saada 195
    26. Schahara 202
    27. Fahrt nach Sanaa 209
    28. Amran 209
    29. Thulla 213
    30. Kaukaban 218
    31. Kuchlan 224
    32. Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
    33. Hodeida 233
    34. Zabid 236
    35. Hadjara 242
    36. Rauda 249
    37. Baynun 254
    38. ZurĂŒck entlang des Roten Meeres 268
  4. Siedlungsformen 273
    1. Schibam 273
    2. Hadschara 273
    3. Hadscharain 274
    4. Schahara 274
    5. Al Qurazihah, Afrikanischer Kral im Jemen 275
    6. Aden 276
  5. Bauformen 277
    1. Adobe-LehmhochhÀuser 277
    2. Saada-Lehmbauweise 278
    3. Schaabwa-RiegelwÀnde 278
    4. Steinbauten 284
    5. Vorkrageffekte bei Lehmbauten 284
    6. RundtĂŒrme mit aufgebauten KleinpalĂ€sten 285
  6. Architekturdetails 287
    1. Kuppeln 287
    2. Gurtbögen 287
    3. SĂ€ulen, Pfeiler und ihre Kapitelle 288
    4. Verschachtelungen 288
  7. Apendix
    1. Bibliographie 292
    2. Abbildungsnachweis 294
    3. Anmerkung zu Ortsnamen 295
    4. Glossar 296
    5. Zu den Reisenden 302
    6. Dank des Autors 303
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