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Schuld der Lehrer“ in Zusammenhang gebracht wurde, wird das wahrgenom-
mene „Von-oben-herab“ der Kompetenzorientierung von Geschichtslehrerin-
nen und -lehrern als eine Kritik an Lehrpersonen interpretiertÂ
– und das obwohl
Geschichte bei PISA gar nicht getestet wurde. Hier zeigt sich, wie negativ sich
fachfremde Diskurse auf Einstellungen hinsichtlich Kompetenzorientierung
auswirken und ebenso Einstellungen hinsichtlich historischer Kompetenzorien-
tierung zu beeinflussen vermögen: Lehrperson A22_m argumentiert in den In-
terviews fachspezifisch und weist „sehr positive“ Einstellungen hinsichtlich
Kompetenzorientierung auf. Aus der Sicht dieser Lehrperson sei es allerdings
ein Problem, dass Lehrer/innen so wenig Wertschätzung bekommen und dass in
diesem Zusammenhang Kompetenzorientierung als massive Kritik an der bis-
herigen Praxis interpretiert wird:
I-A22_m: B: Diese Wertschätzung, ja? Da wird umgekehrter Weise fragen,
wie viel Wertschätzung kriegen Lehrer momentan?
I: Gar keine?
B: Nein, dafĂĽr hast du keine. Das ist eine schwierige Geschichte und wenn
da noch jemand von oben sagt, das was ihr jetzt gemacht habt, bitte, böse gesagt,
bitte vergesst das/
I: Und ist das in der Kompetenzorientierung so? Hast du das GefĂĽhl, so?
B: Na ja, die Wertschätzung, wie wir vorher geredet haben, das Wissen zu be-
tonen, dass das Wissen wichtig ist. Ich glaube, das hat viele Lehrkräfte massiv
vor den Kopf gestoĂźen. Zu sagen, dass das Wissen nicht mehr diese Relevanz
hat, gerade in Geschichte.
Lehrpersonen A19_m, N4_f, A9_f, A11_f und A15_f erwähnen ebenfalls expli-
zit, dass durch die EinfĂĽhrung der Kompetenzorientierung unter manchen
Lehrpersonen – A9_f spricht dabei insbesondere von erfahrenen Kolleginnen
und KollegenÂ
– das Gefühl entstanden sei, dass die Art und Weise, wie sie bis zu
diesem Zeitpunkt unterrichtet hatten, kein guter Unterricht gewesen wäre:
I-A19_m: Weil vielleicht ist generell, dass wir/dass man uns immer wieder
was Neues auflädt, oder so.
I: Das von oben irgendwas.
B: Wieder immer wieder was Neues.
I: Top-down.
B: Quasi, was wir bisher gemacht haben, ist nicht gut, dass vielleicht manche Leh-
rer das GefĂĽhl haben. Ich weiĂź es nicht.
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Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Title
- Von PISA nach Wien
- Subtitle
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Author
- Roland Bernhard
- Publisher
- WOCHENSCHAU Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 284
- Category
- LehrbĂĽcher
Table of contents
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Ăśberzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenĂśberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der LiteraturĂĽbersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. AbkĂĽrzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen fĂĽr Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277