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Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten |
41Zur
Zusammenarbeit vonTischlern mit andern Handwerker
ger als neun externe Tischler und ebenso viele Bildschnitzer hinzu, wobei aus den
Schriftquellen jedoch nicht hervorgeht, ob sie alle gleichzeitig in den Werkstätten des
Stiftes tätig waren. Sonst wird man meist mit weniger Handwerkern ausgekommen
sein. 1765 etwa, beim Bau des Gestühls für die Göttweiger Stiftskirche, erhielt der
Tischlermeister Franz Anton Staudinger von lediglich drei Tischlergesellen und einem
Bildschnitzer Unterstützung (Farbtaf. 09 ; Abb. 137–140).
Die Direktiven der Wiener Handwerksordnung von 1718 gestatteten zünftigen
Meistern nur in Ausnahmefällen sieben Gesellen und Lehrlinge, niemals mehr ; meist
mussten sich die Werkstätten mit weniger Mitarbeitern begnügen.45 Die relativ große
Zahl möglicher Betriebsangehöriger deutet dabei auf ein insgesamt recht hohes Auf-
tragsvolumen, das durch die neuen Bauten in der Stadt sowie durch das Aufblühen
auch des Umlandes im frühen 18. Jahrhundert tatsächlich gegeben war. Andererseits
stellt sich die Frage, ob die Meister dieses Kontingent wirklich immer ausschöpften.
In Deutschland war die Zahl der Tischler in einer Werkstatt durch die Normen des
Zunftreglements meist auf vier oder fünf Handwerker beschränkt : auf einen Meister,
zwei Gesellen und einen oder zwei Lehrlinge.46 Von Augsburg wissen wir allerdings,
dass dort im frühen 17. Jahrhundert viele Meister ganz ohne Gesellen arbeiteten.
Vielleicht standen sie sogar zeitweise alleine in ihren Betrieben, wobei sie im Bedarfs-
fall sicher auf die Unterstützung von Familienmitgliedern zurückgreifen konnten.47
Ähnliches wird noch 100
Jahre später für so manche Tischlerei auf dem Land gegolten
haben, wohl auch in den hier interessierenden Regionen des Habsburgerreiches. Wei-
tere vorteilhafte Freiräume der selbstständig für Prälaten arbeitenden Tischler lagen
darin, Arbeiten zu erledigen, die in den Aufgabenbereich verschiedener Gewerke und
Zünfte fielen. Damit wurden den Tischlern künstlerische und handwerkliche Gestal-
tungsmöglichkeiten zugestanden, die ihnen sonst durch Zunftgesetze verwehrt waren.
Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern
Gelegentlich war es notwendig, Spezialisten zum Zuge kommen zu lassen. Werden
die Tischler zur Herstellung einfacher Schnitzereien normalerweise das Messer selbst
geführt haben, überließen sie anspruchsvollere Arbeiten professionellen Bildhauern.48
45 Zatschek, Handwerk (1958), 28. Erst 1775 wurde es den Wiener Tischlermeistern gestattet, zwei Lehr-
linge und beliebig viele Gesellen einzustellen. Fabiankowitsch/Witt-Dörring, Fantasie (1996), 25, Do-
kument 1.
46 Hierzu etwa Stürmer, Handwerk (1982), 78.
47 Loescher, Kistlerhandwerk (2000), 56–58.
48 Etliche Tischler besaßen auch eine Ausbildung als Bildhauer. Ein Beispiel hierfür ist der Liechtenstein’sche
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- I: Östliche Landsteile
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 730
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693