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294 | Sakralbauten in Niederösterreich
Eine Wandvertäfelung vermittelt zwischen den Schränken und der Tür. Die Ver-
zierung mit Marketerien entspricht der an den Möbeln beschriebenen, offensichtlich
wurde die Einrichtung als Ensemble gefertigt. Die Möbel stehen auf flachen Ballenfü-
ßen und einem (neuen) Podest. Auch das unterscheidet das Mobiliar deutlich von den
andern Sakristeischränken im vorliegenden Katalog. Zwar ist auch auf den erwähnten
alten Abbildungen ein Sockel zu erkennen, doch stellt sich die Frage, ob die Möbel
wirklich von Anbeginn an von einem Postament getragen wurden. Die Füße, die origi-
nal zu sein scheinen, lassen eher Zweifel an dieser Lösung aufkommen.247
Göttweig, Benediktinerstift
Stifts- und Pfarrkirche Maria Himmelfahrt
1072 stiftete Bischof Altmann von Passau (reg. 1065–1091) auf dem Göttweiger Berg
eine kleine Kapelle.248 Kurz darauf gründete er dort zudem ein Kloster für Augustiner-
Chorherren, das jedoch schon 1094 vom Benediktinerorden übernommen und durch
Mönche aus St. Blasien im Schwarzwald besiedelt wurde. Wie viele andere mittelalter-
liche Sakralanlagen befand sich Göttweig im frühen 17. Jahrhundert in ruinösem Zu-
stand, weshalb der Konvent damals erste größere Eingriffe in den Baubestand vornahm.
1718 gab eine verheerende Feuersbrunst Anlass zum großangelegten Um- bzw. Neubau
der Abtei. Bis 1725 stand das Projekt unter der Federführung von Johann Lukas von
Hildebrandt (1668–1745). Als seine Nachfolger übernahmen zunächst Franz Jänggl
(1654–1734), dann Franz Anton Pilgram (1699–1761) die Verantwortung für die Fort-
führung der Arbeiten. Zwar konnten die Planungen durch Abt Gottfried Bessel (reg.
1714–1749) und seine Architekten nur zum Teil realisiert werden, doch belegen erhal-
tene Entwürfe, dass man sich in Göttweig, wie auch beim Bau anderer österreichischer
Klosterbauten jener Zeit, am sehr viel früher entstandenen Escorial in Spanien orien-
tierte.249 In der josephinischen Ära blieb das Stift von einer Aufhebung verschont, nicht
aber in der Zeit der NS-Diktatur. Später besetzten Truppenverbände der Roten Armee
die Abtei, in die der Konvent im Sommer 1945 zurückkehren konnte.250 Trotz der im-
mensen Schäden aus den 1930er- und 40er-Jahren verfügt das Stift noch immer über
247 Mit den Füßen besitzen die Unterschränke eine Höhe von etwa 100
cm, das entspricht dem üblichen Maß.
248 Zur Geschichte der Abtei ÖKT, Krems (1907), bes. 431–497 ; Hödl, Göttweig (1983) ; Tropper, Stift
(1983) ; Lechner, Göttweig (1988) ; ders., Göttweig (2000), bes. 768–788 ; Dehio, NÖ südl. der Donau,
1 (2003), bes. 564–566 ; Lechner, Göttweig (2008).
249 Ressmann, Göttweig (1976) ; Neunhundert Jahre Göttweig (1983), 330–331, 342–343 ; Lechner/
Grünwald, Ansichten (2002), 100–115.
250 Engelbrecht, Göttweig (1983) ; Lashofer, Vergangenheit (1983) ; Lechner, Göttweig (2000), 787.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- I: Östliche Landsteile
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 730
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693