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Einleitung14
eine ablehnende Haltung hinsichtlich nationalsozialistischer Ideologie schließen
ließe, eröffnet die Analyse von Kubins Verankerung im rassisch-völkischen Esote-
rikdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts neue Sichtweisen.
Strukturell ergaben sich aus dem Forschungsansatz drei große Themenblöcke,
die die Hauptfragen der Arbeit bündeln: „KünstlerInnen über sich“, „KünstlerIn-
nen und gesellschaftliche Diskurse“ und schließlich „KünstlerInnen und Politik“.
Das Kapitel zuvor steckt das theoretisch-methodische Feld im Bereich der Auto/
Biographie- und KünstlerInnenforschung ab. In „KünstlerInnen über sich“ ist es das
Anliegen, die autobiographische Selbstdarstellung der einzelnen KünstlerInnen un-
ter Bezugnahme auf bestehende Künstlermythen zu untersuchen. Ohne noch auf
einzelne Diskurse zu fokussieren, werden Autobiographien und autobiographische
Dokumente der jeweiligen KünstlerInnen in ihrer Gesamtheit analysiert. Wichtig
erschien dafür ein – in vielen kunsthistorischen und biographischen Darstellungen
zu wenig berücksichtigter – quellenkritischer Zugang, der nicht nur auf den Inhalt
dieser Texte eingeht, sondern auch Entstehungs- und Überlieferungskriterien be-
rücksichtigt und in der Analyse sichtbar macht. Alfred Kubins Autobiographie „Aus
meinem Leben“ wird beispielsweise meist in der erst posthum zusammengeführten
Fassung aus den 1970er-Jahren zitiert, ohne auf die einzelnen Schreib- und Publi-
kationsetappen einzugehen, nach denen Teile des Textes bereits 1911, andere erst in
den 1950er-Jahren knapp vor dem Tod des Künstlers entstanden sind. Das Kapitel
„KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse“ setzt in Form einer Querschnittana-
lyse fort. Anhand der Diskurse um Geschlecht, Geschwindigkeit und Spiritualität
werden autobiographische Positionierungen der jeweiligen KünstlerInnen heraus-
gearbeitet. Das Kapitel „KünstlerInnen und Politik“ fokussiert auf die politischen
Entwicklungen und Zäsuren zwischen Monarchie und Zeit des Nationalsozialismus.
Hier wird explizit nach politischen Stellungnahmen, politischem Handeln und der
daraus abgeleiteten politischen Selbstwahrnehmung gefragt.
Theoretische Bezugsrahmen
Die vorliegende Studie versteht sich als historische Forschungsarbeit mit kulturwis-
senschaftlichem Hintergrund, was einen interdisziplinären Zugang mit sich bringt.
Im Konkreten nehmen Forschungsansätze aus der Soziologie und Literaturwissen-
schaft neben solchen aus der Kunstwissenschaft eine besondere Rolle ein und wer-
den mit meinem aus der Geschichtswissenschaft kommenden disziplinären Zugang
in Verbindung gesetzt.
Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
Zeitwesen
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Title
- Zeitwesen
- Subtitle
- Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Author
- Birgit Kirchmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23310-7
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 468
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 11
- Fragestellung und Ausgangsthesen 11
- Theoretische Bezugsrahmen 14
- Quellen 17
- „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
- 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
- 2 KünstlerInnen über sich 79
- 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
- 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
- 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
- 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
- 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
- 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
- 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
- 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
- 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
- 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
- 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
- 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
- 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
- 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
- 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
- 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
- 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
- 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
- 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
- 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
- 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
- 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
- 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
- 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
- 4.4 Nationalsozialismus 382
- 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
- 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
- 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
- 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
- 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
- Dank 426
- Abkürzungsverzeichnis 428
- Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
- Quellen- und Literaturverzeichnis 431
- Archive und Sammlungen 431
- Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
- Literatur und gedruckte Quellen 432
- Personenregister 463