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26 | Kommunen im Klimawandel
COP dargestellt. Doch haben Kommunen wirklich ein größeres Potenzial als die ver-
meintlich gelähmten Nationalstaaten? (Rühle 2017) Stimmt es – wie mir von unter-
schiedlichen Seiten aus eingeschärft wurde –, dass Nationalstaaten nur verhandeln
und heiße Luft produzieren, während Städte und Kommunen längst handeln und
THG-Emissionen real senken?
Das Kernargument von Barber (2014, 2017) und anderen Verfassern „urbaner
Manifeste“ (Chakrabarti 2013; Katz und Bradley 2013) lautet, dass die Nationalstaa-
ten unter Globalisierungsbedingungen politische Handlungsmacht einbüßten und so-
mit nicht mehr in der Lage seien, in einer vernetzten und von gegenseitigen Abhän-
gigkeiten geprägten Welt für Problemlösungen zu sorgen. Im Gegensatz zu National-
staaten seien Städte und deren globale Netzwerke (TMN) geradezu prädestiniert, glo-
bale Probleme effektiv zu lösen, da sie eine ideale „Kombination aus lokaler Integ-
rationskraft und globaler Handlungskompetenz“ böten (Kieselbach 2017: 19). Infol-
gedessen wird auch der Ruf nach kooperativen und realistisch-pragmatischen Prob-
lemlösung lauter, was wiederum Best Practices als Steuerungsinstrument besonders
attraktiv erscheinen lässt.
Bevor ich mich dem Problemlösungsmechanismus „Best Practice“ widme, setze
ich mich zunächst damit auseinander, wie und weshalb sich Klimaschutz überhaupt
als kommunales Politikproblem etablierte. Ich will hinterfragen, warum sich die Vor-
stellung, dass in den Städten dieser Welt die Transformation hin zu einer klimaneut-
ralen Gesellschaft entschieden wird, durchgesetzt hat und sich Städte so zu den Orten
entwickeln konnten, in denen scheinbar tagtäglich die Welt gerettet wird. Auf den
folgenden Seiten versuche ich Antworten auf diese Fragen zu geben, indem ich die
Entstehungsgeschichte des Praxisregimes „kommunaler Klimaschutz“ nachzeichne.
Dabei zeige ich auf, warum und mit welchen Argumenten Städte als Schlüsselorte
und Kommunen als Schlüsselakteure des globalen Klimaschutzes thematisiert wer-
den und welche Argumentationslinien und Akteure dabei marginalisiert werden. Der
zentrale Ausgangspunkt einer solchen ‚Regierungsanalyse ist die Identifikation und
Untersuchung von spezifischen Situationen, in denen die etablierte Regierungsfüh-
rung in Frage gestellt wird; also die Momente und Situationen, in denen die Regie-
rung ein Problem wird (Dean 1999). Dies ist für meine Arbeit insofern von großer
Bedeutung, als dass die Art und Weise, wie ein soziales, politisches oder natürliches
Phänomen als Problem wahrgenommen wird, sowohl die politischen Rationalitäten
des Regierens als auch die Regierungstechnologien, die zu deren Realisierung einge-
setzt werden, maßgeblich beeinflusst.
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315