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52 | Kommunen im Klimawandel
Zu Beginn dieses Abschnitts habe ich verdeutlicht, dass Klimawandel als koope-
rativ-steuerbare Querschnittsaufgabe problematisiert wird, die einer systematischen
Problemlösung bedarf. In dieser Interpretation wird aus dem analytischen Gover-
nance-Begriff ein normativ-praktisches Konzept: die Beschreibung eines Modells
des guten Regierens oder Verwaltens, mit dem es gelingt, die Herausforderungen des
Klimawandels effektiv anzugehen.14 Ein gutes Beispiel aus der Praxis finden wir im
EU-geförderten Projekt „ARTS“ (Accelerating and Rescaling Transitions to Sustain-
ability), das sich mit der Frage auseinandersetzt, wie sich die Transformation zu einer
nachhaltigen Stadtgesellschaft beschleunigen lässt. Einige der Empfehlungen des
letzten „Factsheets“ (ARTS 2016) dazu lauten:
1. Schaffung von institutionellen Räumen, die verschiedene städtische „Change
Agents“ zusammenbringen und sektorübergreifende Partnerschaften für städ-
tischen Wandel zur Nachhaltigkeit ermöglichen.
2. Engagement gemeinsam mit lokalen Transformationsinitiativen, um eine Kul-
tur der Zusammenarbeit für einen städtischen Wandel zur Nachhaltigkeit zu
fördern.
3. Pflege einer Urban Governance, die sich die soziale Vielfalt zunutze macht,
damit die verschiedenen Fähigkeiten und Leidenschaften der lokalen Bevöl-
kerung geweckt werden können.
4. Entwicklung von Kapazitäten, um die spezifischen Multi-Level-Governance-
Kontexte, in denen lokale Nachhaltigkeitsaktivitäten stattfinden, navigieren zu
können.
Das Beispiel zeigt, dass die Etablierung von Klimawandel als Problem kommunaler
Regierung sowie als Ziel der Transformation zur Nachhaltigkeit zu neuen politisch-
administrativen Praktiken und ethisch-normativen Vorstellungen führt. Eine be-
stimmte Form der Governance wird so zu einem geeigneten Problembearbeitungs-
mechanismus stilisiert, dessen konsequente Umsetzung zur Problemlösung führen
soll. Damit wird MLG zu einer Regierungstechnik gemacht und kann somit nicht
mehr als Analyseperspektive dienen, sondern muss vielmehr selbst als Effekt von
Lösungsversuchen im Kontext bestimmter Problematisierungen aufgefasst werden.
MLG ist demnach nicht als ein neutraler Steuerungsmodus zu verstehen. Die Auf-
gabe einer kritischen Analyse muss daher sein, diese als selbstverständlich betrach-
teten Problemdefinitionen und Lösungsansätze des kommunalen Klimaschutzes zu
14 In der kommunalen Verwaltung rückt die effektive Klimagovernance unter dem Begriff
„Klimaschutzmanagement“ auch schnell in die Nähe des New Public Management-Para-
digmas (vgl. dazu ausführlich Kapitel #New Public Climate Management).
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315