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Kommunen im Klimawandel | 67
eine Ökonomisierung des Klimawandels und das Denken in Kosten-Nutzen-Dimen-
sionen wäre das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ in seiner aktuellen Aus-
gestaltung nicht vorstellbar. Soziale oder ökologische Aspekte des Klimawandels
werden oft lediglich als Co-Benefit betrachtet und nur am Rande problematisiert.
Im Licht der unterschiedlichen Formen der Problematisierung und deren Über-
setzung und Neuinterpretation in der kommunalen Praxis lassen sich zusammenfas-
send folgende fünf Gründe auf der praktisch-alltäglichen Betrachtungsebene – im
Gegensatz zur zuvor diskutierten analytischen Betrachtungsebene (Abschnitte
#Klimapolitik als MLG-Problem – #Klimawandel als ökonomisches Problem) – als
ursächlich für ein kommunales Klimaschutzengagement ableiten, wobei ökonomi-
sche Faktoren eindeutig im Vordergrund stehen.
1. Politisches Setting und zentrale Persönlichkeiten: Voraussetzung dafür, dass
eine Kommune im Klimaschutz aktiv wird, ist ein stabiles und klimafreundli-
ches politisches Umfeld. „Kommunaler Klimaschutz ist immer ein politisches
Thema. Es gibt Kommunen, da ist die politische Führung nicht interessiert,
dann tut sich da auch nichts. Es gibt aber auch Kommunen, da ist die politische
Spitze das Zugpferd, die das Thema vorantreibt. Man kann sagen, dass kom-
munaler Klimaschutz ohne Unterstützung aus der Politik nicht möglich wäre“
(IK-5, 2015: 3). Politikwechsel können so auch dazu führen, dass Klima-
schutzaktivitäten wieder gänzlich aufgegeben werden. Auch engagierte Ein-
zelpersonen in Politik (z.B. Bürgermeister, Landrat oder Dezernent), Wirt-
schaft, Wissenschaft, Bürgerschaft und Verwaltung (z.B. die Leitung der
Energieagentur) sind oft wesentliche Auslöser und Treiber für kommunale
Klimaschutzaktivitäten.
2. Finanzielle Förderung durch übergeordnete Politikebenen: „Der erste Grund,
warum wir überhaupt eine Klimainitiative haben, ist aus meiner Sicht die
Kommunalrichtlinie und dass kommunaler Klimaschutz halt gefördert wird“
(IK-3, 2015: 8). Wie im Abschnitt #Klimawandel als MLG-Problem bereits
verdeutlicht wurde, ist der kommunale Klimaschutz in erster Linie das Ergeb-
nis nationaler und internationaler Förderprogramme. „[…] [G]anz pragma-
tisch: Wie kriegen wir die Kohle von der EU in unseren Landkreis? Was för-
dert die EU? Klimaschutz! Also machen wir das. So, und das wird dann als
Regionalentwicklung verkauft und da sind wir auch recht findig. […] [W]enn
man dann das mit dem Klimaschutz z.B. verpennt, dann kann man die moder-
nen Beschlüsse, Struktur- und Förderprogramme gar nicht mehr abgreifen.“
(IK-3, 2015: 14). Für viele Kommunen liegt die Motivation also schlicht im
finanziellen Anreiz. Es gibt extra Geld für Vorhaben, die man vielleicht so
ähnlich ohnehin durchführen wollte – also etikettiert man diese als Klima-
schutz.
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315