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94 | Kommunen im Klimawandel
Präkonzepte möglichst bewusst, reflexiv, (selbst-)kritisch und flexibel zu handhaben
und sie in unsere Forschungspraxis miteinzubeziehen (Breuer 2010: 29).
Empirischer Zugang
Analog zu den Prinzipien der GTM verstehe ich Forschung nicht als linearen, son-
dern zyklischen Erkenntnisprozess, in dem Datenerhebung und Dateninterpretation
parallel erfolgen. Schon die Wahl der Gesprächspartner, der Beobachtungssettings
und der zu analysierenden Dokumente stellt eine erste Stufe der Interpretation durch
den Forscher dar, denn dadurch wird bereits bestimmt, wer bzw. was als relevant für
die Untersuchung des interessierenden Phänomens angesehen werden soll. Eine wei-
tere Interpretationsstufe erfolgt in der Datenerhebung mit Gestaltung des Leitfadens
für die zu führenden Interviews, der Auswahl der Variablen oder durch die Entschei-
dung, was in den Feldnotizen festgehalten wird. Im Fall der Datenerhebung durch
Interviews kommt zusätzlich die Interpretation meiner Fragen durch die Befragten
hinzu. Dies wird z.B. insbesondere dann deutlich, wenn Befragte im Nachhinein da-
von berichten, dass sie bei einigen Fragen „überlegen“ mussten, bevor sie antworte-
ten; oder wenn Interviewte im Vorfeld um den Leitfaden bitten, um „sich vorzube-
reiten“. Die letzten beiden Interpretationsstufen erfolgen wieder durch den Forscher,
und zwar durch die Auswertung der Daten und die folgende (schriftliche) Darstellung
der Erkenntnisse. Schon mit dem Sampling der Daten erfolgen also erste Interpreta-
tionen durch den Forscher, weshalb man in der GTM auch – im Gegensatz zum sta-
tistischen Sampling – von theoretischem Sampling spricht, da weder Grundgesamt-
heit noch Merkmalsverteilung bekannt sind und insofern auch vorab keine Stichprobe
definiert werden kann. Einzubeziehende Fälle müssen stattdessen entlang des sich
entwickelnden Wissens während des Forschungsprozesses definiert werden, die Aus-
wahl wird also durch die Ergebnisse der kontinuierlichen Datenauswertung getroffen
(Mey und Mruck 2011).
Analog zu Glasers provokanter These „all is data“ (Glaser 1998: 8) habe ich jeg-
liches Material, das in meinen Augen relevant war für die Generierung von Erklä-
rungsansätzen, zur Auswertung herangezogen. Die Auswahl der zu berücksichtigen-
den Datenquellen erfolgte mit dem Ziel, Personen (für Interviews), Orte und Situati-
onen (zur Beobachtung) und schriftliche Dokumente (zur Analyse) zu finden, welche
die größte Chance boten, relevante Daten über das zu untersuchende Phänomen –
Best Practices im kommunalen Klimaschutz – zu generieren. Das Sampling wurde
so lange durchgeführt, bis keine neuen, bedeutsamen Daten im Hinblick auf die Fra-
gestellung mehr auftauchten und die sogenannte „theoretische Sättigung“ eintrat
(Breuer 2010).
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315