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New Public Climate Management | 143
(1999: 210f.) beschreibt politische Rationalitäten als eine Subkategorie von Rationa-
litäten der Regierung, die er wiederum allgemein als relativ systematische Art des
Denkens über Regierung bezeichnet. Dies umfasst und betrifft z.B. die Repräsentati-
onsformen des zu regierenden Problems, Einrichtungen und Institutionen der Regie-
rung sowie die Ziele, die erreicht werden sollen. Bestandteile von Regierungsratio-
nalitäten sind unter anderem theoretisches Wissen, praktisches Know-how oder Stra-
tegien und Programme, die auf jedwede Form der Regierung einwirken. Bei politi-
schen Rationalitäten handelt es sich spezifischer um jene Arten und Weisen des Den-
kens über dezidiert politische Aktivitäten, also solche Tätigkeiten, die auf die Beein-
flussung, die Aneignung, die Umverteilung, die Zuteilung oder die Aufrechterhaltung
der Regierungsbefugnisse des Staates oder anderer Regierungsorganisationen (auf
unterschiedlichen Maßstabsebenen) abzielen; damit beeinflussen sie wesentlich die
politische Machtausübung (Dean 1999).
Eine politische Rationalität ist dabei keine neutrale Erkenntnis, die schlicht die
„regierte Realität“ repräsentiert. Denn es handelt sich hierbei nicht um eine Art äu-
ßere Instanz des Regierens, sondern eine politische Rationalität ist selbst ein Element
der Regierung, das dazu beiträgt, ein diskursives Feld zu schaffen, durch das die Aus-
übung der Macht rational erscheint. Das Konzept der Gouvernementalität transpor-
tiert damit die Idee, dass nicht nur zu prüfen ist, ob eine solche Rationalität eine adä-
quate Repräsentation der Gesellschaft ist, sondern auch, wie sie als „Wahrheitsre-
gime“ fungiert, indem neue Formen des Wissens erzeugt und verschiedene Begriffe
und Konzepte hervorgebracht werden, die ein Regieren neuer Domänen der politi-
schen Regulation und Intervention ermöglichen (Lemke 2002). Rose und Miller
(1992) charakterisieren politische Rationalitäten daher auch als ein sich veränderndes
diskursives Feld, welches das Vokabular der Machtausübung festlegt; die morali-
schen Rechtfertigungen für bestimmte Formen der Machtausübung durch verschie-
dene Autoritäten legitimiert; die Begrifflichkeiten für die als angemessen angesehe-
nen Formen, Objekte und Grenzen von politischer Intervention fixiert und so letztlich
auch darüber entscheidet, wie bestimmte politische Aufgaben zwischen den Sektoren
(kulturell, geistlich, militärisch, familiär, wirtschaftlich etc.) verteilt werden. Inner-
halb dieses diskursiven Feldes entstehen so idealisierte Schemata, die die soziale
Wirklichkeit abbilden, analysieren und verbessern sollen. Diese Schemata gilt es
durch eine Erforschung der politischen Rationalitäten zu erfassen, indem die Bewer-
tungsmaßstäbe, an denen sich politisches Handeln orientiert, in ihrer Relationalität,
Kontingenz und Normativität sichtbar gemacht werden. Es geht also darum, heraus-
zufinden, was zu einer gegebenen Zeit als (politisch) rational verstanden wird, um
ein zuvor definiertes Problem zu lösen. Politische Rationalitäten bringen nämlich die
Konstellationen hervor, in denen bestimmte politische Handlungen nahegelegt und
andere unwahrscheinlich gemacht werden, ohne dabei einen direkt präskriptiven
Charakter zu haben (Mattissek 2008: 39). Eine politische Rationalität zeichnet sich
laut Rose und Miller (1992: 178f.) genauer durch folgende Funktionen aus:
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315