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212 | Kommunen im Klimawandel
Das Regierungshandeln der Klimaschutzmanager ist dementsprechend stark von die-
sen Konzepten, deren Zielvorgaben und Maßnahmenlisten geprägt; ihre Hauptauf-
gabe ist es, diese zu erfüllen und umzusetzen, wie mir von mehreren Gesprächspart-
nern geschildert wurde:
„Also grundsätzlich ist es ja so, und das ist, glaube ich, bei allen Masterplankommunen und
Klimaschutzkommunen mit Konzepten [so]: Du hast ja eigentlich schon deine eigenen Maß-
nahmen erarbeitet. Du hast ja schon eine Maßnahmenliste, die wurde ja schon erstellt. […]
Zum einen bist du also dabei, das umzusetzen. Zum anderen schaust du auch viel: Was machen
die anderen? Was kann man hier umsetzen?“ (IK-13, 2016: 39)
„Was man natürlich beachten muss, ist der zeitliche Rahmen, den man sich selber gesetzt hat.
[…] Man muss gucken: Was gibt der Masterplan vor? Was nehme ich mir für dieses Jahr vor?
Man hat dann im Prinzip schon einen festen Rahmen, und da ist vielleicht hier und da mal noch
eine Lücke, wo Luft ist, dass man da noch an was Neues denken kann. Aber in der Regel ist es
doch eher so, dass man sich vielleicht irgendwo über gute Beispiele informiert auf einer Ver-
anstaltung und die kommen nicht direkt zum Tragen. […] Sondern man setzt sich das dann
vielleicht für nächstes Jahr mal auf die Agenda oder für übernächstes Jahr, weil, wie gesagt,
holterdiepolter in der Verwaltung leider überhaupt nichts funktioniert.“ (IK-18, 2017: 24)
Die Maßnahmenumsetzung geschieht meist dennoch weniger systematisch, als es auf
den ersten Blick erscheinen mag. Trotz Maßnahmenliste, Strategie und Zielvorgaben
findet die Maßnahmenumsetzung oft „aus dem Bauch heraus“ statt (F-160616-Mar-
burg). Klimaschutzmanager können oft nicht einfach schrittweise eine Liste an Maß-
nahmen abarbeiten, sondern müssen eine eher problemorientierte Herangehensweise
verfolgen, da sie auf äußere bspw. politische Einflüsse reagieren müssen, statt dass
sie proaktiv agieren und selbst eine Agenda vorgeben könnten. So kann es vorkom-
men, dass durch die Auflage einer neuen Förderlinie plötzlich ergänzende Finanzie-
rung zur Verfügung steht und man kurzfristig auf dieses Möglichkeitsfenster reagie-
ren muss. Best Practice-Beispiele von bekannten und vertrauten Kommunen sind hier
die erste Informationsquelle, um handlungsfähig zu sein. Auch der Wechsel eines
Bürgermeisters oder eines Dezernenten kann zu neuen thematischen Priorisierungen
führen, wie eine Klimaschutzbeauftragte betont:
„Es gibt Sachen, das wollen sie [Lokalpolitiker] und da ist dann egal, was es kostet. Und Sa-
chen, die sie nicht wollen, das können Sie totdiskutieren. Aber Sachen, wo sie meinen, da kön-
nen sie sich positionieren, gerade jetzt vor der Wahl, [die werden dann durchgedrückt]. Es ist
ein schwieriges Feld, […] man kann mit einer Maßnahme locker durchgehen und mit der glei-
chen Maßnahme einen Monat später völlig auf die Nase fallen.“ (IK-11, 2016: 12)
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315