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Best Climate Practices | 221
„Mit Blick auf die Anschlussförderung […] möchte man sich nochmal besonders gut präsen-
tieren, um auch sagen zu können: Wir verdienen es auch die nächsten zwei Jahre, als Best
Practice-Lieferanten für die neuen Kommunen zu dienen. […] Mit Best Practices kann man
eben dem […] Fördermittelgeber darstellen: Wir sind eine wertvolle Bereicherung, weil wir
bestimmte Sachen machen. Wenn man in bestimmten Projekten sich immer wieder mal in der
Öffentlichkeit zeigt und sagt, wir machen das, wir machen das, wir machen das – […] und dann
auch sagen, das machen wir am besten.“ (IB-2, 2015: 73)
Dieser verstärkte Einsatz von Best Practices zur kommunalen Eigenwerbung führt
aber auch dazu, dass „gute Praxis kein Scheitern kennt“ (IK-4, 2015: 54). Best Prac-
tice-Beschreibungen – ob gedruckt, online oder mündlich präsentiert – reflektieren
so gut wie nie die Probleme und Hürden, die jedes neue Projekt bewältigen muss;
ganz egal, wie erfolgreich es letztendlich sein wird. Unzählige Arbeitsstunden, die in
Telefonate oder Netzwerkaktivitäten investiert werden mussten, werden bspw. meist
systematisch verschwiegen. Der ganze Prozess wird geschönt, sodass viele Best Prac-
tice-Darstellungen aus Sicht vieler Klimaschutzmanager zu simplem Stadtmarketing
verkommen.
„Das verschwimmt natürlich auch sehr schnell im Stadtmarketing. Ich meine, jede Stadt, die
irgendetwas ausprobiert […] und dafür Geld ausgibt, muss natürlich vor den eigenen Bürgern,
vor der politischen Opposition und so weiter auch immer rechtfertigen, wofür dieses Geld aus-
gegeben wurde. Was natürlich aber auch dazu führt, dass dann auch mittelprächtig funktionie-
rende Maßnahmen als das Nonplusultra dargestellt werden.“ (IK-1, 2015: 108)
Die „Währungs-Funktion“ zeigt nicht nur, wie eine Regierungstechnik für andere
Zwecke eingesetzt wird als für jene, die in politischen Programmen primär verfolgt
werden – also Prestige und Einfluss statt Nachahmung und Einsparungen –, sondern
auch, dass es sogar zu gänzlich konträren Ergebnissen kommen kann. Auf der Suche
nach Finanzierung und Anerkennung passiert es nicht selten, dass Kommunen lieber
versuchen, „das Rad neu zu erfinden“, statt existierende Lösungen zu kopieren und
anzupassen (IB-6, 2016).
die andere Kommunen bis dahin vom betreffenden Landkreis übernommen hatten (F-
150313-Rheine).
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315