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240 | Kommunen im Klimawandel
wird; und wie Best Practices auf diese Weise am Aufbau politischer Ordnung mit-
wirken. Kurz gesagt: „This then shifts the question to how […] policy blueprints are
produced and circulated and how they gain authority.“ (Simons 2016: 178)
Mit der Aufbereitung, Verbreitung und Nutzung von Best Practices ist ein dis-
kursiver Prozess verbunden, der nicht nur neues Wissen über ein Politikproblem kre-
iert, sondern auch die Natur und Interpretation des Problems selbst mitgestaltet
(Bulkeley 2006). Das heißt, schon die Auswahl, die Verschriftlichung oder mündli-
che Präsentation und Veröffentlichung von Best Practice-Beispielen ist kein neutraler
Akt der Beschreibung, sondern bereits Teil der politischen Regierungspraxis, indem
innerhalb des Praxisregimes akzeptierte Möglichkeiten artikuliert werden und dar-
über bestimmt wird, was im Rahmen der dominanten Regierungsrationalität als wahr
bzw. gut oder falsch bzw. schlecht zu gelten hat (Dzudzek 2016; vgl. auch Kapitel
#„Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“?!). (Kommunale) Regierungen können sich
sogar gezwungen sehen, mit einer Blaupause zu arbeiten, die einen Best Practice-
Status innehat und auch von anderen Regierungen genutzt wird. Ein Regieren durch
Best Practices kann daher auch als eine besondere Form von „government at a dis-
tance“ (Miller und Rose 1990: 9) aufgefasst werden: Best Practices prägen aufgrund
ihrer epistemischen und kosmopolitischen Autorität nicht nur das Verhalten der in-
volvierten Akteure, sondern beeinflussen auch die politische Entscheidungsfindung
– auch von außerhalb des traditionellen Einflussbereichs. Durch „reiterative und zi-
tathafte Praktiken“ (Butler 1993: 2) werden Best Practice-Erzählungen zelebriert und
zementiert, wobei das „Gute” oder „Beste”, das darin beschrieben wird, Realität wird.
„Storytelling“ durch Best Practices trägt so dazu bei, bestimmte Visionen von kom-
munalem Klimaschutz – wie das Klimaschutzmanagement – zu institutionalisieren:
„The stories that they [best practices] generate help institutionalize the new understandings and
practices that they bring to life – […] for example, particular notions of sustainable farming,
an innovative organizational form […], and other new practices of sustainability […].“ (Li-
vesey et al. 2009: 425)
Best Practices sind in diesem Zusammenhang, wie einleitend erwähnt, als performa-
tiv zu verstehen, da sie als Handlungsgrundlage dienen, mithilfe derer soziale Wirk-
lichkeit geschaffen wird. In Bezug auf Best Practices lassen sich unterschiedliche
Aspekte von Performativität untersuchen: zum einen, wie Best Practices als Aussa-
gesysteme durch ihre Wiederholbarkeit in unterschiedlichen Settings Wirkung ent-
falten. Hier könnte man z.B. untersuchen, wie sich eine bestimmte Best Practice –
wie etwa der „Klimapakt“ aus Flensburg – durch kontinuierliche Artikulation in Wort
und Schrift als vorbildlich und nachahmenswert manifestiert und dadurch auch Re-
gierungspraktiken im kommunalen Klimaschutz anderswo anleitet und verändert,
wie zu Beginn dieses Kapitels illustriert. Zum anderen kommt der Inszenierung, das
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315