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254 | Kommunen im Klimawandel
Eine solche Praktik verliert damit ihr politisches Element, was auch dazu führen
kann, dass sinnvolle Weiterentwicklungen und Innovationen ausbleiben und sich
stattdessen Mittelweg-Lösungen etablieren (Moore 2013; Veselý 2011). So kann man
ein Regieren durch Best Practices auch als „governing through a stage-managed con-
sensus“ (MacLeod 2011: 2632) verstehen, wodurch bestimmte Interventionen zum
„Common Sense“ und Diskussionen auf ein Minimum beschränkt werden. Politik
wird dadurch auf die Verwaltung und das Management von Prozessen reduziert, de-
ren Parameter durch konsensuales Wissen definiert werden.
Den Politikfeldern Klimawandel und Nachhaltigkeit wird eine besonders starke
Anfälligkeit für solch eine post-politische Darstellung attestiert (Swyngedouw 2009,
2010, 2013; Raco und Lin 2012; MacLeod 2013; Rosol 2013; Davidson und Iveson
2014; Kenis und Lievens 2014; Kenis und Mathijs 2014; Stephan et al. 2014; Möss-
ner 2016). Die ökologische Krise bzw. der Klimawandel bedroht jedes und jeden –
in der Konsequenz stünden Nachhaltigkeits- und Klimaziele jenseits jedweder An-
fechtung, insbesondere, wenn das Credo lautet: Wir brauchen keine endlosen politi-
schen Debatten, sondern sofortiges Handeln, um die drohende Klima-/Umwelt-Ka-
tastrophe zu verhindern oder wenigstens abzumildern. Umwelt- und Klimaschutz
wird daher häufig als generell erstrebenswert angesehen und gilt als gesamtgesell-
schaftlich akzeptiert, was sich auch in der umfassenden Förderpraxis ausdrückt, wie
ein Klimaschutzmanager zu bedenken gibt:
„Seitdem es in Deutschland die Kommunalrichtlinie gibt, und man das Geld sozusagen hinter-
her geschmissen kriegt, habe ich festgestellt, dass es eigentlich fast ein bisschen weniger Spaß
macht, weil, im Grunde kann ja keiner was gegen Klimaschutz haben. Keiner sagt mehr: ‚Wir
müssen RWE entmachten!‘ Das […] hat sich irgendwie erledigt; Atomenergie ist auch abge-
schaltet und wir sind jetzt auf der Ebene, dass wir darüber reden, ja, so langweilige Sachen,
wie: ‚Wir sanieren mal unsere Fenster‘. Also wir sind jetzt auf der praktischen Ebene ange-
kommen.“ (IK-3, 2015: 16)
Die Debatten, die geführt werden, drehen sich nur noch darum, welche Manage-
menttechniken und Technologien zum Einsatz kommen sollten, wie das Timing ihrer
Implementierung aussehen soll und wie die Interessen der relevanten Stakeholder am
besten zu berücksichtigen sind (Swyngedouw 2013).
„There is indeed a widespread consensus that the (urban) environmental condition needs to be
taken seriously and that appropriate managerial-technological apparatuses can and should be
negotiated to avoid the urban maelstrom sinking into catastrophe, socioenvironmental degra-
dation and possibly disintegration. At the same time, of course, there is hegemonic consensus
that no alternative to liberal-global hegemony is possible.“ (Swyngedouw 2009: 608)
Kommunen im Klimawandel
Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Titel
- Kommunen im Klimawandel
- Untertitel
- Best Practices als Chance zur grünen Transformation?
- Autor
- Nanja Nagorny-Koring
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4627-0
- Abmessungen
- 15.4 x 23.0 cm
- Seiten
- 324
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 9
- Das Prinzip der Nachahmung 11
- Forschungslücke und Fragestellung 16
- Aufbau der Arbeit 21
- Kommunen im Klimawandel 25
- Problematisierung: Vom Phänomen zum Problem 27
- Klimawandel als Politikproblem 32
- Klimawandel als kommunales Aufgabenfeld 38
- Klimapolitik als Multi-Level-Governance-Problem 48
- Die Stadt als Ursache, Betroffene und Lösung für das Klimaproblem 54
- Klimawandel als ökonomisches Problem 61
- Klimawandel als Problem kommunaler Praxis 65
- Den guten Praktiken auf der Spur 71
- Begriffsgeschichte und Definition 73
- Kritik und Positionalität 78
- Best Practice-Forschung 82
- Projektdesign 90
- Die Kunst, den Klimawandel zu regieren 115
- Gouvernementalität 116
- Klima-Gouvernementalität 126
- Das Praxisregime „kommunaler Klimaschutz“ 132
- New Public Climate Management 141
- Politische Rationalitäten 142
- Klima\Wandel ist regierbar 145
- Politische Programme 162
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (1): Vom Projekt zum Prinzip 172
- Die Regierungsrationalität des Klimaschutzmanagements (2): Das Rad nicht neu erfinden 179
- Implikationen einer besonderen Form des Klimaschutzes 186
- Best Climate Practices 189
- Rationalitäten und Technologien 191
- „Mit Ideen und Beispielen zum Erfolg“!? 194
- „Gebt uns gute Beispiele!“ 215
- Reflexion 227
- „Best Practice ist eine Geschichte“ 235
- Zur Performativität von Best Practices 239
- Zum transformativen Potenzial von Best Practices 249
- Fazit: „Klimaschutz leicht gemacht – von Erfolgsbeispielen lernen“? 260
- Literatur 275
- Anhang 315