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Eine Künstlerfamilie 011
für Privatbauten angefertigt haben. ( Farbabb. 1 ) Zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen,
wie etwa 1887 in Australien, und etliche Auszeichnungen mit Preisen belegen den Welt-
ruf und die hohe Reputation dieser Firma. Die prestigeträchtigsten Aufträge in Wien be-
trafen die Anfertigung neuer Glasfenster für den Stephansdom und für die Votivkirche,
doch sind diese Werke – so wie viele andere auch – den Zerstörungen des Zweiten Welt-
krieges zum Opfer gefallen. Noch erhalten sind hingegen u. a. die Glasfenster in der
Weinhauser Kirche, Wien 18, Gentzgasse 140, in der Grinzinger Pfarrkirche, Wien 19,
Himmelstraße bei Nr. 25, in der Feststiege des Wiener Rathauses sowie in der Gedächt-
niskapelle des Klosters der unbeschuhten Karmeliterinnen in Mayerling, Niederösterreich.
Rolfs Mutter, Maria, geborene Heuberger ( 1849–1934 ), stammte ebenfalls aus ei-
ner angesehenen und künstlerisch tätigen Familie. Sie hatte eine hervorragende Erzie-
hung genossen und zeichnete sich vor allem durch das Verfassen geschliffener Essays
aus. Maria war die Cousine von Richard Heuberger, der, nachdem Rudolf Geyling im
Jahr 1900 schwer erkrankt war, die Vormundschaft über die noch unmündigen Kinder
Rolf und Greta übernahm. Richard Heuberger war Komponist, Dirigent, Musikpädagoge
sowie Musikjournalist. Als sein bekanntestes Werk gilt die Operette »Der Opernball«, er
komponierte jedoch auch Opern, Ballettmusik und Lieder. Als Leiter eines Wiener Män-
nerchores unternahm er auch Tourneen ins Ausland, wobei ihn einmal eine Veranstal-
tung auch nach New York führte. Wie die Familienüberlieferung berichtet, soll er dort
zu seinem großen Erstaunen im Begrüßungskomitee ausgerechnet jenen ehemaligen
Kassier des Pensionsfonds erblickt haben, der in Wien so viele Künstler um ihre Erspar-
nisse gebracht hatte. Heuberger soll daraufhin erklärt
haben, dass sein Chor keinen Ton singen werde, solan-
ge dieser Mann anwesend sei. Auch wenn dies nur eine
kleine Genugtuung für die Familie und insbesondere für
Rudolf gewesen sein dürfte: Heubergers Wunsch wurde
schließlich respektiert und der Betrüger so vieler Künst-
lerfamilien, der sich nun als Musenfreund gerierte, aus
dem Konzertsaal verbannt.
Rudolf und Maria Geyling hatten vier Kinder: Irena
(
1874–1900
), die an einem angeborenen Herzfehler litt
und schon mit 26 Jahren starb, Remigius, der in der Familie
zumeist nur »Remi« genannt wurde (
1878–1974
), Margare-
ta bzw. »Greta« (
1882–1949
) und Rolf (
1884–1952
). (Abb. 1)
Beide Söhne bewiesen bereits in ihrer Kindheit gro-
ßes zeichnerisches Talent, und der Vater förderte diese
Begabung nicht nur um der Familientradition willen, son- 1 Rolf als Kleinkind
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273