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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Revolte und Reife 024 Rolf war nicht nur von der überaus reizvollen Landschaft, sondern auch von der – wie er beurteilte – romantischen Geschichte des Landes beeindruckt. Insbesondere faszinier- ten ihn die sogenannten Ćele Kulas, die Schädeltürme. Als die Türken noch die Herrschaft über das Land ausübten, pflegten sie an den Eingängen zu Dörfern und Städten Pyra- miden aus Schädeln von getöteten Einheimischen, die sich in irgendeiner Form wider- setzt hatten, zu errichten. Die größte dieser Pyramiden hat Rolf nach eigenen Angaben in Mostar gesehen. Wie er später erzählte, hatte sich als Reaktion auf diese Hinrichtun- gen eine eigene Form der »Blutrache« unter der weiblichen Bevölkerung herausgebil- det: Wenn eine Frau ihren Mann durch eine türkische Aggression verloren hatte, soll sie versucht haben, einen Türken zu umgarnen und in ihre Behausung zu locken. Im ge- eigneten Moment zog sie jedoch einen kleinen Dolch aus ihrem Ärmel und tötete den »Verehrer«. Immer wenn so eine Unternehmung gelungen war, durfte sich die Frau der Überlieferung zufolge einen großen Granat an ihren mit Juwelen besetzten Gürtel hef- ten, der Teil der Nationaltracht war. Nach dem Tod der Frau wurde diese Trophäe so- dann in die Dachsparren der lokalen Moschee gehängt. Rolf war fasziniert von diesen Gürteln und den Geschichten, die sich darum rank- ten, und es gelang ihm sogar, einen dieser Gürtel nach Hause zu bringen. Durch all die Wirren des Ersten und des Zweiten Weltkrieges gerettet, wurde dieses kostbare, orien- talisch-märchenhaft anmutende Stück im Jahr 2006 dem Völkerkundemuseum in Wien übergeben. Ziel von Rolfs ausgedehnter Wanderung durch Bosnien-Herzegowina war die dal- matinische Küste, von wo er mit dem Schiff nach Triest fahren wollte, um sodann nach Hause zurückzukehren. Allerdings fand er das Geld, das ihm von seinem Bruder Remi- gius nach Dalmatien geschickt werden sollte, am Bestimmungsort nicht vor. Rolf war da- her gezwungen, auch die Rückreise zu Fuß zurückzulegen, bis er schließlich Levico in den südlichen Dolomiten erreichte, wo er sich von seinem Cousin Geld für die weitere Heimreise ausborgen konnte. Diese Reise bildet gleichsam Rolfs Feuertaufe, in der er nicht nur seine hervorra- gende körperliche Konstitution unter Beweis stellte, sondern auch seine unerschütter- liche Ruhe und Entschlusskraft, wenn es darum ging, mit Schwierigkeiten – welcher Art und wo auch immer – fertigzuwerden. Etliche Jahre später sollten ihm diese Fähigkei- ten helfen, weit größere Probleme und Herausforderungen unbeschadet zu bewältigen. Rolf räumte allerdings schon damals viel Zeit seinen sportlichen Betätigungen ein. Von seinem Mentor, dem erwähnten Kaplan, zunächst als Mittel erdacht, die über- bordenden Kräfte seines Schützlings sinnvoll zu kanalisieren, fand Rolf in der Folge eine große Befriedigung in der körperlichen Ertüchtigung. Im Winter betätigte er sich mit Eislaufen, Schifahren, Barrenturnen, Ringen und Fechten. Im Sommer ging er schwim-
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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