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Die Schlacht von Lemberg 057
sehen, Artillerie rückt auf die Höhe nach. [ … ] Großes Durcheinander, Infant. schwankt
zwischen Vor- und Zurückgehen, muss gewaltsam vorgetrieben werden.
Am 8. Sept. zieht Rolf ein Resümee: »Situation im Allgemeinen: Hauptsächlich Artillerie-
Kampf. Verteidigung. Infanterie wird oft zurück genommen und wieder eingesetzt.« Er
berichtet auch über den großen Munitionsverbrauch in diesen Tagen:
7. Sept. 88 Schrapnels, 72 Ekrasit-Granaten
8. Sept. 10 Schrapnels, 252 Ekrasit-Granaten
9. Sept. Munitionsfassung [ … ] in Rawa Ruska, jedoch nur Granaten, Schrapnells nicht
vorhanden.
Am 10 und 11. September bis 4 Uhr früh wurden laut Rolf verschiedene Stellungen be-
zogen. Allerdings, so Rolf, kam die Division »mangels Zielen nicht zur Wirkung«. Am
11. September um 7 Uhr früh kam der Befehl, gegen Niemirow abzumarschieren, womit
der Rückzug hinter den San begann, einem Fluss, der etwa in der Mitte Galiziens von
Süden nach Norden fließt. Er markiert einen Teil der Grenze zwischen Galizien und Russ-
land und sollte in Folge Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen der Habsburger- und der
Zaristischen Armee werden.
Die von Rolf geschilderten Gefechte dieses Zeitraumes und die Schlacht bei Rawa Rus-
ka bezeichneten den entscheidenden Schlusspunkt der Sommeroffensive der österrei-
chisch-ungarischen Armee, welche mit einer verheerenden Niederlage endete und
bei der fast die Hälfte der Truppen an der Nordostfront verloren ging. In weiterer Folge
brach die gesamte österreichische Front in Galizien zusammen, und große Teile Galiziens
sowie die Bukowina wurden von der russischen Armee besetzt. Damit musste Österreich-
Ungarn auch den strategisch bedeutsamen Verlust Lembergs und die Einschließung von
Przemyśl hinnehmen.
Was diese Niederlage bedeutete, geht aus der umfangreichen Aufarbeitung des Ers-
ten Weltkrieges im Werk »Österreich-Ungarns letzter Krieg« hervor: »Von den 900. 000
Streitbaren, die im August voll Zuversicht den großen Strauß aufgenommen hatten,
waren weniger als zwei Drittel an den San zurückgekehrt; der Russe übertrieb nicht
viel, wenn er in seinen Siegesberichten 250. 000 öst.-ung. Soldaten tot und verwundet
und an die 100. 000 gefangen meldete. Unter den Gebliebenen befand sich ein großer
Teil der ohnehin nicht zu dicht gesäten altgedienten Soldaten, die nach Ausbildung,
Leistungsfähigkeit und auch Kampfmoral nicht so bald zu ersetzen waren, und ein er-
schütternd hoher Hundertsatz an Berufsoffizieren, deren Verlust den ganzen Krieg
über nicht mehr wettzumachen war. Auch der Verbrauch und die Einbuße an Materi-
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273