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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 92 -
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Kriegsgefangenschaft 092 auch persönlich erst zu überwinden galt. Auffallend allerdings ist, dass die Berichte fast ausnahmslos von Offizieren stammen, zumal diese in Gefangenschaft deutlich bessere Bedingungen vorfanden als die gewöhnlichen Mannschaften. Insofern decken sich die publizierten Eindrücke mit Sicherheit nicht mit jenen Erfahrungen, die die überwiegen- de Mehrzahl der kriegsgefangenen Soldaten machte. Erst in jüngster Zeit wurden eini- ge wenige Tagebücher von einfachen Soldaten publiziert – allerdings nur auszugswei- se und in einer zumeist von Angehörigen überarbeiteten Form. Die heute noch greifbaren Werke ehemaliger Offiziere zeigen ein recht unterschied- liches Sprach- und Reflexionsniveau und muten in ihrem Pathos zum Teil befremdend an. Der historische Erkenntniswert dieser Publikationen wird deshalb immer durch den Umstand eingeschränkt, dass der bereits auf die Offiziersperspektive eingeengte Blick zusätzlich subjektiviert wird, um die Gefangennahme psychisch zu verarbeiten. Ähnliche Bewältigungsmechanismen für die kollektiven Traumata griffen zum Teil wohl auch bei der Veröffentlichung von authentischen Tagebüchern. Denn hier wurden keineswegs nur redaktionelle Eingriffe vorgenommen und beispielsweise nur Schreib- fehler der Originalaufzeichnungen ausgemerzt, sondern in der Regel wurden die Ein- träge auch stilistisch und inhaltlich gründlich überarbeitet. Eine der bekanntesten und nach dem Krieg meistgelesenen Publikationen stammt von Burghard Breitner und trägt den Titel »Unverwundet gefangen«. Das Werk erleb- te mehrere Auflagen und gibt recht eindringlich Breitners Erfahrungen als Arzt in ver- schiedenen Gefangenenlagern wieder. Im Vordergrund steht letztlich aber seine eben- so pathetisch wie chauvinistisch vorgetragene Verzweiflung über die Demütigung der unverwundeten Gefangennahme. Breitner ist fortwährend »gewürgt von Schande und Scham« (  S. 75  ) und lässt den Leser über seine Seelennöte wissen: »Wie oft habe ich mich in diesen Tagen ermannt, habe mich aus aller Gebrochenheit wieder emporgefun- den – wenn ich die Wunde an meinem Leib suchte, die Wunde suchte, die mich wehr- los gemacht hätte«. (  S. 88  ) Zu dieser Schande kommt der Schmerz, »vielleicht nie mehr im Felde stehen; nie mehr erleben, nie mehr beweisen [  zu  ] können, dass ich zum Op- fer bereit bin, nie mehr den Jubel miterleben [  zu  ] können, den nur letztes Wagen und freieste Tat bedingen«. (  S. 90  ) Erschreckend und zugleich charakteristisch ist Breitners Hass, den er den Russen, die er mit allen denkbaren Schimpfwörtern belegt, entgegen- bringt: »Was mich die heilige Pflicht aller dünkt, denen es vergönnt sein wird, lebend dies Land zu verlassen: Haß säen [  …  ] Haß bei Kind und Kindeskindern gegen die Hen- kersfaust dieser Horde, die sich Staat nennen.« (  S. 113  ) Ganz anders liest sich etwa die Arbeit von Franz Karner mit dem Titel: »Ostsibirien: Das Leben und die Tätigkeit in einem Kriegsgefangenen-Lager«. Dieses schmale Bändchen wurde schon im Jahr 1917 publiziert und berichtet zunächst über die gute Ernährung der
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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