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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 188 -
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China 188 verfahren, d. h. diese hoch entwickelte chinesische Handwerkskunst, ließ sich für das 19. Jahrhundert allerdings nur mehr beschränkt anwenden. Es fehlte die Erfahrung be- züglich neuer Bauaufgaben, moderner Konstruktionsweisen, der künstlichen Erzeugung von Baustoffen und deren Verarbeitung sowie der Anwendung modernen Materials, wie Stahl und Glas. Mit den westlichen Handelsunternehmern und Kolonialherren waren Fachkräfte aller Sparten nach Tientsin gekommen, und insbesondere Ingenieure und Ar- chitekten fanden ein breites Betätigungsfeld vor. Denn es waren nicht nur für die genann- ten Einrichtungen entsprechende Gebäude zu errichten, sondern die Konzessionsgebie- te mussten für die Bedürfnisse der ausländischen Bewohner angelegt und ausgebaut werden. Die einzelnen Distrikte waren in getrennte Stadtverwaltungen organisiert und benötigten daher Rathäuser, Gerichtshöfe etc., und entlang breiter, gepflasterter Stra- ßen entstanden zudem Kirchen, Schulen, Hotels, Banken, Geschäftshäuser sowie Villen und Wohnhäuser, die den Neuankömmlingen ihren gewohnten – europäischen – Stan- dard garantierten. Darüber hinaus fanden vermehrt reiche Chinesen auch Gefallen an feudalen Villen, und der Zuzug in die aufstrebende Stadt erforderte auch die Errichtung von mehrstöckigen Miethäusern. Bemerkenswert ist, dass Hermine »nicht einen anstän- digen Baum« sah. Denn sämtliche Straßen wurden mit Bäumen bepflanzt, die Gebäude lagen zumeist in kleinen Grünanlagen, und vor dem englischen Botschaftsgebäude be- fand sich der »Viktoria Park« mit Rasenflächen, Buschwerk und Bäumen. Es ist anzunehmen, dass auch Rolf nicht viel über Tientsin gewusst hatte, als er das erste Mal in diese Stadt kam. Wie erwähnt, hat im Jahr 1912 O. Nemecek festgestellt, dass die österreichisch-ungarische Konzession in der Heimat weitgehend unbekannt war, und ob Rolf während seines Gefängnisaufenthaltes etwas über diese Stadt erfahren hat, ist mehr als fraglich. So öde Hermine Tientsin erlebt hat – und in Bezug auf die landschaft- liche Lage hatte sie recht –, so interessant wird jedenfalls diese Stadt für den Architek- ten Rolf gewesen sein. Denn er muss sich wie auf einer Städtereise in vertraute europä- ische Länder vorgekommen sein. In keiner der Konzessionen wurde nämlich versucht, die Bauwerke in irgendeiner Weise einem »chinesischen Stil« anzupassen. So wie in Eu- ropa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts üblich geworden war, bei der Errichtung neuer Gebäude auf Stile der Vergangenheit zurückzugreifen, so wurde diese Epoche des Historismus auch in Tientsin eingeführt. Allgemein vorherrschend waren klassizisti- sche bis neobarocke Formulierungen, in denen Säulen aller Art eine wichtige Rolle spiel- ten. Allerdings wurde versucht, möglichst auch »nationale« Elemente einzubringen. Zum Beispiel konnte Rolf in der ehemals deutschen und ähnlich in der österreichisch-unga- rischen Konzession eine Zusammenstellung mittelalterlicher Stile oder Fachwerkbauten begegnen, während in der französischen Konzession elegante Gebäude im Empirestil zu sehen waren, in der italienischen typisch mediterrane, flach gedeckte Gebäude, und
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine KĂĽnstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
  37. Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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Rolf Geyling (1884-1952)