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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 191 -
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Aufträge und Rückschläge 191 Waffengewalt, was immer wieder zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führte. Auch Pe- king war unter die Kontrolle dieser rivalisierenden Kriegsherren geraten, und es ist anzu- nehmen, dass Rolf bzw. die Firma die Auswirkungen dieser Unruhen zu spüren bekamen. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Rolf von einem der Warlords den Auftrag erhalten hatte, eine Villa in Tientsin zu erbauen. Scheinbar wurde er zu größ- tem Stillschweigen verpflichtet, denn sein Sohn, der über die Arbeiten seines Vaters sehr gut unterrichtet war, erfuhr erst bei einem Besuch in Tientsin im Jahr 2005 von die- sem Gebäude und hatte in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit, das Gebäude zu besichtigen: Es handelte sich um ein »safe house«, wo die Warlords ihre Geheimsit- zungen abhalten und wenn nötig auch Zuflucht finden konnten. Von außen erschien es wie ein kleiner Palast, in dem aber allerlei Tricks eingebaut waren. Zum Beispiel bestand der »Haupteingang« aus einer Freitreppe mit Empore, die aber zu keiner Eingangstü- re führte, sondern von seitlich versteckten M. G.s bestrichen werden konnte. Im Inne- ren gab es mehrere Säle und Speisezimmer mit Küchen und schließlich Übernachtungs- und Waschräume. Einer dieser Räume hatte einen mannshohen Spiegel in der Wand, der sich seitlich auskippen ließ, um einer Panzertüre Platz zu machen, auf deren Rück- seite das Firmenschild »Wertheim Wien« zu sehen war. Von dieser Türe ging als Flucht- weg eine Wendeltreppe in den Keller hinunter und von dort ein Tunnel in die nächste Häuserreihe, wo in einem der Höfe ein versteckter Ausgang lag. Die Unruhen legten sich bald – oder verlagerten sich auf andere Gebiete Chinas – und die berufliche Situation der Firma Yuen Fu hat sich dementsprechend wieder gebessert. Ende des Jahres 1922 erhielt Rolf wiederum einen Auftrag außerhalb Tientsins. Er wurde mit dem Ausbau der Kohlenmine in Qingdao in der Provinz Shandong betraut, wobei vor allem sein Ingenieurswissen, das er aufgrund seines profunden Studiums an der Tech- nischen Hochschule in Wien erworben hatte, unter Beweis stellen musste. Rolf befand sich nun viel auf Reisen – er hatte ja auch den Universitätsbau in Mukden zu betreuen – und war häufig, zum Leidwesen seiner Frau, mehrere Wochen von zu Hause abwesend. Persönliche und finanzielle Differenzen mit seinen zwei Geschäftspartnern veran- lassten Rolf allerdings, bereits im Sommer 1923 aus der Firma Yuen Fu auszuscheiden, und die Firma wurde in der Folge aufgelöst. Für Rolf war diese Wende ein harter Schlag. Er stand vor den Trümmern dieses so optimistisch begonnenen Unternehmens und vor der Notwendigkeit, sich wiederum eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Rat- los, wie sich seine berufliche Zukunft gestalten würde, scheint sich Rolf sogar überlegt zu haben, nun endgültig China den Rücken zu kehren. Wie Hermine ihrer Schwieger- mutter am 16. Jänner 1924 berichtet, hatte Rolf seinem Schwager Ernst über die Auf- lösung der Firma geschrieben und dass er »sich seine Selbständigkeit gesichert hätte, und jederzeit frei wäre«. Da Ernst seinerzeit besonders enttäuscht gewesen war, dass
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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