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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 215 -
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Seite - 215 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten

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Das architektonische Werk 215 Zunächst beschloss Rolf jedoch, für sich und seine Familie die »Villa GeYlinG« in Pei- taiho zu errichten, wofür er jedoch ausschließlich praktische Gründe anführte. (Abb. 96) Da er in dem Badeort mehrere Aufträge erhalten hatte, konnte er, wie er im Dezember 1931 seiner Schwester schreibt, »die Zeit und die Reiseunkosten dieser Bauleitung vertei- len«. Er eröffnete nämlich für diese Arbeiten vor Ort ein eigenes Baubüro, in dem er »fä- hige Handwerker, Vorarbeiter etc.« beschäftigte und in das er »häufig selbst zur Beauf- sichtigung« hinfuhr, wie er in einem Inserat in den »Deutsch-chinesischen Nachrichten« vom 15. 3. 1932 angab. Praktisch denkend wie immer, versuchte er bei dieser Gelegenheit weitere Aufträge zu akquirieren und bot in diesem Inserat an, »dortselbst allerlei Bau- arbeiten, Reparaturen, Anstreicherarbeiten etc. zu übernehmen«. Gleichzeitig nützte er seine kurzfristig geschaffene Infrastruktur – er dachte das Büro dort nur bis Juni zu be- treiben –, aber auch für den eigenen Villenbau. Darüber hinaus wollte Rolf für sein Haus auch das vom Schleusenbau übrig gebliebene Holz verwenden, da er bei einem Ver- kauf des Holzes rund die Hälfte des ausgegebenen Geldes verloren hätte. Im oben er- wähnten Brief schreibt er: »So habe ich nur wenig anderes Material und die Arbeit auf- zuwenden, und habe wenigstens das Häuschen, das entweder Mädy bewohnen kann, um Miete zu sparen, oder das vermietet werden kann. Es soll für zwei Familien, natür- lich bescheiden, ausreichen. Ich rechne dabei, dass es wenn mal der Silberkurs sich wie- der gebessert haben sollte auch nach Goldwert verkauft werden könnte, so wäre doch nicht die ganze heutige Kursdifferenz am Silber verloren. Heute Silbergeld in Gold ein- zuwechseln ist 50 % Verlust.« Die landschaftlich äußerst schön gelegene Villa war zweigeschoßig, an der Rückseite war ein eigener, aus Ziegeln errichteter Trakt für das Hauspersonal angebaut. Ohne an Wünsche von Auftraggebern gebunden zu sein, gestaltete Rolf ein Haus, das gleichsam paradigmatisch seine Art der Synthese von Tradition und Moderne verkörpert. Einerseits erhielt es mit einer kühnen, frei auskragenden Terrassenplattform mit einem Durchmes- ser von 9 m eine höchst moderne, die Möglichkeiten des Stahlbetons ausschöpfende Formulierung. Auf der anderen Seite drückte Rolf seine tiefe Verbundenheit mit Öster- reich mit rückerinnernden Attributen aus: Das Untergeschoß des Hauses ist aus grobem, bossiertem Quadermauerwerk errichtet, die Säulen, die die Terrasse stützen, sind aus dem gleichen Material und überdies zum Teil in mittelalterlicher Manier geböscht. Die modern großen Fenster erhielten herkömmliche Fensterläden und die Türen Lünetten mit geschwungenen Versprossungen. Ornamentierte Putzflächen lassen – trotz der Ver- wendung des Eisenbetons – endgültig nicht den Verdacht aufkommen, es könnte sich um eine Schöpfung der nüchternen klassischen Moderne handeln. Dazu passt, dass am Dach eine österreichische Flagge aussagekräftig über die Herkunft der Besitzer infor- mierte. Das Wohnzimmer erhielt eine traditionelle Balkendecke und dunkle Holzvertä-
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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