Seite - 216 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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felungen an den Wänden. Die Einrichtung zeigt eine weitere Seite Rolfs: Stets der Spar-
samkeit verpflichtet, ist sie eher spartanisch ausgefallen. (Abb. 97)
Ab den 1935er-Jahren war Rolf fast ausschließlich mit der Errichtung privater Wohnbau-
ten beschäftigt. Laut seinen Briefen hat er eine Vielzahl solcher Projekte – immer mehre-
re gleichzeitig – in Arbeit gehabt, und er soll teilweise ganze Straßenzüge verbaut haben.
Nur wenige dieser Häuser sind allerdings heute noch fassbar, da die meisten entweder
abgerissen oder durch Umbauten total verändert wurden oder weil keine Unterlagen
über diese Gebäude vorhanden sind. Einige Häuser hat Rolf jedoch fotografisch doku-
mentiert. Teilweise wurden sie, wenngleich oft mit Veränderungen, im ersten Jahrzehnt
des 21. Jahrhunderts sogar renoviert.
Bei den Villen, die Rolf für chinesische Bauherren errichtete, fühlt man sich zu-
meist in die Cottageviertel im Wien der Jahrhundertwende versetzt. Leider ist von
keinem der Gebäude ein Grundriss erhalten, aber offene Kamine in den Wohnzim-
mern oder Salons lassen vermuten, dass sich Rolf auch an der Konzeption engli-
scher Landhäuser orientierte. Die Kombination unterschiedlicher Baumaterialien, die
Auflockerung der Baukörper durch Vor- und Rücksprünge, steile Giebeldächer, Gie-
belausbauten, polygonale Terrassen, Giebel mit modifiziertem Fachwerk etc. geben den
Bauten durchwegs einen romantisch-malerischen Charakter. So vereinheitlichend diese
stilistischen Ausprägungen klingen, so unterschiedlich hat Rolf dann doch jedes Haus
entworfen und es verstanden, jedem Gebäude eine individuelle Note zu verleihen. Al-
len gemeinsam ist, dass kein Ornament – in welchen Stil auch immer – zu finden ist und
Rolfs moderne Auffassung zumindest bei der Wahl großer Fenster zum Ausdruck kommt.
97 Villa Geyling,
Wohnzimmer
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273