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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 249 -
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Seite - 249 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten

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Ewige Ungewissheit 249 zu den Konzessionen, Wachposten der Truppen und Freiwilligenkorps, Kontrollen, Pas- sierscheine, ein Strom von Flüchtlingen, das wird alles man kann fast schon sagen ge- schäftsmäßig erledigt, wie es kommt«. Rolf schreibt weiter, dass er schon telegrafieren wollte, um die Schwiegereltern zu beruhigen, dass aber alle Leitungen von den »blöd- sinnigen« amerikanischen Reportern total blockiert waren. Angeblich hatten diese Re- porter nämlich den Auftrag, jeden Tag über die Ereignisse je nach Finanzkraft des Blat- tes 4.  000 bis 10.  000 Worte zu telegrafieren. Wodurch sie jedoch, wie Rolf meinte, auch viel Unsinn schrieben, um dieses Soll zu erfüllen. Natürlich stand die Bautätigkeit einige Zeit still, denn die chinesischen Arbeiter durf- ten die Konzessionen vorübergehend nicht betreten, aber als Rolf den Brief verfasste, wurde an den diversen Baustellen schon wieder gearbeitet. Bereit, aus jeder neuen Si- tuation das Beste zu machen bzw. sich jeder neuen Situation mit Optimismus zu stellen, schrieb er seiner Schwester am 5. August 1937, dass er durch diesen Krieg keinen Ein- bruch in der Bautätigkeit fürchte, sondern erwartete, dass unter japanischer Herrschaft »ein rascheres Tempo der Entwicklung und Industrialisierung einsetzen werde, aber es ist auch gut möglich, dass die erobernde Nation das Geschäftsleben monopolisieren und den anderen Fremdländern das Tätigkeitsfeld mehr und mehr abschnüren wird. Nun, zum Glück geht in China nichts allzu rasch und hat man gelernt sich vielen Umständen anzupassen. Jedenfalls fürchte ich nichts, nur muß ich natürlich vorsichtiger sein und ge- fasst auch magerere Zeiten hinzunehmen, wenn es so kommen soll.« Rolfs Gelassenheit war typisch für ihn, und unwillkürlich muss man an eine Stelle in einem Brief denken, den seine Frau mehrere Jahre zuvor, am 16. März 1931 ihrer Schwie- germutter geschrieben hatte, in dem sie klagt, dass Mausi äußerst unkonzentriert ihre Schulaufgaben mache: »Manchmal glaube ich, dass sie etwas von Rolf hat, er kann ja auch zuweilen von einer Ruhe sein, dass man aus der Haut fahren möchte. [  …  ] Viel- leicht ist aber gerade dies ein Glück wer weiss ob er so manches geschafft hätte wenn er eben diese Ruhe nicht hätte.« Rolfs Zuversicht bezüglich seiner beruflichen Aussichten bestätigte sich ja auch in- sofern, als er im Herbst 1938 eine Reihe von neuen Aufträgen erhielt, sodass er wieder jeden Tag bis spät in die Nacht hinein zu arbeiten hatte. Im Dezember 1938 schreibt er, dass er mit sechs Wohnhäusern bereits begonnen habe und dabei sei, für weitere sieben Häuser den Abschluss zu machen. Außerdem bekam er den Auftrag für einen größeren Hotelzubau sowie für einen Kleinwohnungsblock. »Vom Krieg um uns herum sind wir derzeit gar nicht betroffen und man merkt in Tientsin kaum etwas von den Ereignissen.« Nachdem Rolf den Ausbruch des Japanisch-Chinesischen Krieges im Jahr 1937 sehr unmittelbar miterlebt hatte, blieb Tientsin in der Folge von direkten Kriegsauswirkungen verschont. Als im März 1938 der Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland erfolgte,
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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