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Ewige Ungewissheit 255
len Kriegseintritt der USA, den Beginn des Pazifikkrieges und schließlich einen entschei-
denden Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg: Am 8. Dezember erklärten die USA und Chi-
na dem Kaiserreich Japan den Krieg, vier Tage später wurde von Deutschland und Italien,
die 1940 mit Japan ein Dreimächteabkommen geschlossen hatten, den USA der Krieg er-
klärt, womit die USA auch in den europäischen Teil des Krieges eintraten. Das von den
Japanern in Nanjing eingesetzte Marionettenregime erklärte 1943 seinerseits den USA
und Großbritannien den Krieg.
Nach dem Kriegseintritt der USA beherrschten die chinesisch-amerikanischen Luft-
streitkräfte sehr schnell den chinesischen Kriegsschauplatz. Die japanischen Bodentrup-
pen erlitten schwere Verluste, und weite Teile Nordchinas, die von Japanern erobert
worden waren, konnten von den Chinesen zurückgewonnen werden. Nach der Kapitu-
lation der deutschen Streitkräfte am 8. Mai 1945 erging auf der Potsdamer Konferenz
von Großbritannien, China und den USA ein Ultimatum an Japan, ebenfalls zu kapitu-
lieren. Da jedoch Japan auf dieses Ultimatum nicht einging, warfen die USA am 6. und
9. August Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, und die Sowjetunion erklärte am
9. August Japan offiziell den Krieg und marschierte mit über einer Million Soldaten in
der Mandschurei ein. Zugleich verkündete die Kommunistische Partei Chinas die tota-
le Gegenoffensive gegen Japan. Angesichts dieser Ereignisse erklärte der Tenno von
Japan schließlich am Abend des 14. August die bedingungslose Kapitulation. In China
kapitulierte die japanische Armee allerdings erst am 9. September 1945 und die Ameri-
kaner besetzten Tientsin.
Seinem beinahe unverwüstlichen Optimismus zum Trotz musste sich Rolf schließ-
lich eingestehen, dass er nun, in den 1940er-Jahren, aufgrund der politischen Verhält-
nisse nicht mehr mit neuen Bauaufträgen rechnen könne. Jetzt aber bewährte sich Rolfs
Strategie seiner mehrfachen beruflichen Absicherung. Denn er konnte sich nicht nur auf
die Einnahmen aus der Vermietung seiner Wohnungen der »Cambridge Flats« verlas-
sen, sondern er hatte sich schon vor einigen Jahren eine gut gehende Hausverwaltung
aufgebaut und mit der Betreuung von rund 100 Mietwohnungen eine weitere Einnah-
mequelle gesichert. Mit dem gleichen Elan, mit dem er seine Bauprojekte forcierte, wid-
mete er sich nun dieser Tätigkeit, die ihm, wie Rolf betont, vor allem wegen des wech-
selnden Geldwertes »reichlich Arbeit« verschaffte, indem er laufend die Mieten neu
kalkulieren musste. Tatsächlich nahm die schon in den Jahren davor grassierende Infla-
tion in den 1940er-Jahren unvorstellbare Ausmaße an. Die Preise für Lebensmittel stie-
gen beinahe täglich, und während im Jahr 1942 beispielsweise der Preis für ein Pfund
Butter von 12 auf 25 Dollar stieg, kostete ein Pfund Butter im Jänner 1943 bereits 28 und
Ende des Jahres sogar 36 Dollar, um im Jahr 1945 schließlich auf schwindelerregende
3. 600 Dollar anzusteigen.
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273