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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 266 -
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Epilog 266 Diamanten unbemerkt aus dem Land zu schmuggeln. Hermine war bewusst, dass das Gepäck der Ausreisenden sehr genau durchsucht wurde. Wie und wo also sollte sie die kostbaren Steine verstecken  ? Da fiel ihr die Bonbonniere mit Cognac-Kirschen ein, die sie von den Besitzern des »Cafe Kissling & Bader«, einer renommierten Konditorei und Bäckerei in Tientsin, als Abschiedsgeschenk erhalten hatte. Mit Geschick verbarg Her- mine die einzelnen Diamanten in den Bonbons und stellte sich wenige Tage später der Passkontrolle. Tatsächlich überstand ihre »Bastelei« die Musterung, doch durchschaute offenbar der nachfolgende Passagier, der die Szene beobachtet hatte, den »Schmug- gel« aufgrund von Hermines Nervosität und raunte ihr zu, das nächste Mal weniger auffällige Bonbons als Versteck zu wählen. Hermine verließ das Land per Schiff auf demselben Weg, den sie seinerzeit als jun- ge Frau bei der Einreise in das unbekannte Land China genommen hatte. Österreich hatte sich in einer Art verändert, dass ihre Fahrt weitaus eher einer Reise in eine neue Fremde geähnelt haben muss als einer Rückkehr in die Heimat ihres Mannes. Rumäni- en und ihre Geburtsstadt Bukarest lagen inmitten des Kalten Krieges überhaupt nahezu unerreichbar hinter dem Eisernen Vorhang, der Europa teilte, und nicht nur viele Fami- lienmitglieder, sondern auch viele der früheren Freunde und Bekannten waren tot oder längst in ganz andere Regionen verzogen, um dem Grauen der Nazi-Herrschaft und der Kriegswirren zu entfliehen. Das Haus in Emmersdorf war nach dem Tod von Greta im Jahr 1949 von einem be- freundeten Ehepaar betreut worden, und Hermine hätte nun in die Villa einziehen kön- nen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war jedoch von den vier Siegermächten USA, Großbritannien, Frankreich und UdSSR in Österreich eine alliierte Kommission einge- richtet und das Land in vier Besatzungszonen geteilt worden. Die Emmersdorfer Villa lag nun in der russischen Zone, und Hermine wollte nicht neuerlich unter kommunisti- scher Besatzung leben. Sie verbrachte daher die Sommermonate in Igls in Tirol, wo sie in dem Hotel von Rolfs Cousin Otto Liermberger wohnte. In den Wintermonaten leb- te sie in Freiburg in der Nähe ihrer Tochter Maria Barbara (  Mausi  ) und ihres Schwieger- sohnes. Als im Jahr 1955 der Österreichische Staatsvertrag unterzeichnet wurde, zogen die russischen Besatzer ab, und Hermine übersiedelte nach Emmersdorf. Die Tochter, die kinderlos geblieben war, hielt sich jedes Jahr mehrere Monate bei ihrer Mutter auf, und nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1994 übersiedelte Maria Barbara ganz in diesen Ort, wo sie im Jahr 2004 im Alter von 80 Jahren starb. In Anbetracht der ständig wiederkehrenden Leiden, die Hermine in China zu schaf- fen gemacht hatten, bewies sie einmal mehr, dass sie letztendlich mit der gleichen Ro- bustheit ausgestattet war, die Rolfs Mutter bei ihrem Sohn gleich nach dessen Geburt festgestellt hatte. Denn sie starb erst im Jahr 1980 im hohen Alter von 93 Jahren.
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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